Schon wieder ein tödlicher Anschlag auf einen Lehrer. Diesmal in Ludwigshafen. Traurige Entwicklung. Ich denke dabei immer, wie unglaublich in dieser Zeit die Anforderungen an unseren Berufsstand sind. Für so viele junge Menschen sind einfach die Lehrer schuld, wenn die Noten schlecht sind. Scheinbar klare Sache: Die geben diese Noten ja auch. Zitat: „Der leitende Oberstaatsanwalt Lothar Liebig gab auf einer Pressekonferenz bekannt, dass der aus Ludwigshafen stammende Täter als Motiv nannte, als ehemaliger Schüler wütend auf sein Opfer gewesen zu sein, weil dieser ihm schlechte Zensuren gegeben habe.“ Schlechte Noten – ein Mordmotiv. Schon klar. In dieser extremen Auswirkung ein Einzelfall. Aber es liegt im Trend.
Zum Beispiel das „Das Lehrerhasserbuch“ von Lotte Kühn. Es wurde ein Bestseller. Untertitel: „Eine Mutter rechnet ab.“ - „Ein furioses Buch- der Spiegel“ steht auf dem Umschlag. Auch hier sind einfach mehr oder weniger die Lehrer schuld. Die Kinder werden schlicht als wesentliche Personen ausgeklammert. Nur als Leidtragende geführt. Nicht als wichtige Personen im Lernprozess ernst genommen. Mit dem falschen Verständnis von jungen Menschen in die falsche Richtung geschossen. Und die Leser applaudieren. Beim Lesen war ich oft peinlich berührt, wie plump diese Mutter sich ihren Frust von der Seele schreibt. „Der Stammtisch schreibt heute eben auch Bücher“ könnte man das ja abtun, wenn der Trend nicht so eindeutig wäre. Wer weiß, wie Kinder heute in der Schule sind, schmunzelt bei der Vorstellung, diese Mutter müsste unsere Arbeit machen. Wer solche Anforderungen stellt, darf bitte nie Lehrer werden. Aber das Buch funktioniert. Leider. Und die Leidtragenden sind die Kinder selbst. Weil diese oft viel zu wenig daran glauben lernen, dass sie selbst die wichtigsten Lehrer sind. Wer zu Hause als Vater oder Mutter die grundsätzliche Sichtweise von „da ist doch sicher der Lehrer ist schuld“ einnimmt, der meint wahrscheinlich, er würde den Kindern Stärke geben. Da kann ich aus der Erfahrungssicht eines 30jährigen Praktikers nur sagen: Man stiehlt seinem Kind hier nur die Eigenverantwortung. Und gibt ihm die Schwäche des scheinbaren Opfers.
Wenn man echte Probleme sieht, dann gehen professionelle Eltern direkt in die Schule, klären schwierige Sachverhalte vor Ort und schimpfen nicht zu Hause über Lehrer. Wer dies durchhält, der verbessert die Abitursnote seines Kindes garantiert um einige Zehntel. Egal wie unfähig manche von uns Lehrern in seinen Augen sein mögen.
Die Qualität von Lehrern, Psychologen, Rechtsanwälten, Ärzten, Installateuren oder Journalisten sollten wir an anderer Stelle diskutieren. Den Lehrerberuf glauben eben die meisten Menschen zu kennen, weil sie selbst 10 bis 13 Jahre Schüler waren. Übrigens ein fundamentaler Irrtum. Aber da reden wir jetzt nicht drüber, sonst wird der Blogartikel zu lang.
Liebe Leser und Eltern. Ich würde im Sinne ihrer Kinder lieber auf die Kinder selbst setzen. Das ist eine wesentlich erfolgreichere Strategie, als Lehrer zu hassen.
Ich habe vor einiger Zeit eine für mich persönlich in vielen Situationen sehr wichtige Philosophie einmal auf so einen Schüleralltag umgeschrieben.
Zuerst das Original
Autobiographie in fünf Kapiteln
Ich gehe die Straße entlang
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig
Ich falle hinein
Ich bin verloren … Ich bin ohne Hoffnung
Es ist nicht meine Schuld
Es dauert endlos, wieder herauszukommen
Ich gehe dieselbe Straße entlang
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig
Ich tue so, als sähe ich es nicht
Ich falle wieder hinein
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein
Aber es ist nicht meine Schuld
Immer noch dauert es lange, herauszukommen
Ich gehe dieselbe Straße entlang
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig
Ich sehe es
Ich falle immer noch hinein… aus Gewohnheit
Meine Augen sind offen
Ich weiß, wo ich bin
Es ist meine eigene Schuld
Ich komme sofort heraus
Ich gehe dieselbe Straße entlang
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig
Ich gehe darum herum
Ich gehe eine andere Straße
Nyoshul Khenpos (Buddhistischer Mönch)
Autobiographie eines Schulerfolgs
Ich laufe mein Leben entlang
Da ist plötzlich eine schwere Klassenarbeit auf dem Weg
Ich habe gar nichts davon gewusst
Ich stürze ab – ich weiß fast nichts
Ich bin verloren
vier bis fünf – Ich bin ohne Hoffnung
Aber der Lehrer hat auch so schlecht erklärt.
Wir haben viel zu wenig im Unterricht geübt
Es war wie immer viel zu schwer
Und er motiviert außerdem einfach schlecht
Es dauerte endlos, bis ich das 4 bis 5 Gefühl nicht mehr spüre.
Ich laufe mein Leben entlang
Da kommt eine schwere Klassenarbeit des Wegs auf mich zu
Ich sehe weg, verdränge ihre Existenz
Ich stürze ab, ich weiß fast nichts
Ich bin verloren
Ich kann es nicht glauben – schon wieder 4 bis 5
Aber er hat auch so schlecht erklärt
Wir haben so eine Aufgabe noch nie gemacht
Es war wie immer viel zu schwer
Und er motiviert außerdem einfach schlecht
Immer noch dauert es lange, bis ich das 4-5 Gefühl nicht mehr spüre
Ich laufe mein gleiches Leben entlang
Da ist eine schwere Klassenarbeit auf dem Weg
Ich sollte wirklich einmal lernen
Ich stürze ab – ich weiß nicht viel – aus Gewohnheit
Ich sehe den Grund
Vielleicht hat er schlecht erklärt – aber ich habe ja auch selten zugehört
Es heißt, man müsse Transferaufgaben lösen können
Wir sollten zu Hause üben – aber ich habe wie immer abgeschrieben
Es war schwer, aber man hätte es wohl lösen können
Ich lasse mich offensichtlich wirklich schwer motivieren
Ich sehe klar – ich entdecke ein Ziel
Ich spüre schnell das 4-5 Gefühl nicht mehr
Ich gehe mein Leben entlang
Da ist eine schwere Klassenarbeit auf dem Weg
Ich habe schon Tage vorher gelernt
Ich habe einfach im Unterricht aufgepasst.
Heinz Bayer