Flügelverleih meets Hattie

25. Juni 2010

zweikommazwei

Abgelegt unter: Flügelverleih — heinz.bayer @ 23:01

Liebe Eltern. Wir planen und üben schon viel mit unseren jungen Flügelverleihmenschen. Damit der 7. Juli auch mit einem schönen Programm ausgestattet ist. Zu unserem Sommerfestpicknick benötigen Sie nur etwas zum Essen und Trinken, das Sie bitte mitbringen, Grills haben wir aufgebaut. Und dann brauchen Sie noch eine Decke (oder Campingstühle, wenn Ihnen das zu unbequem ist). Und natürlich gute Laune. Klar. 17 Uhr. Schulgarten. Das ist hinter der Turnhalle. Sie werden es finden.

Die geschätzten Leser wissen sicher inzwischen, nach welchem Muster ich schreibe. Es ist das nicht vorhersehbare Muster, welche Fragen einem Altpädagogen im Laufe des Schuljahres durch den Kopf gehen. Die Fragen haben oft mit dem planmäßigen Alltag in der Schule zu tun. Aber auch viel mit Zufälligkeiten des Schulalltags.

In der letzten Woche des Abijahrgangs geht mir eigentlich immer eines durch den Kopf:

Es ist eines der großartigsten Momente im Leben, wenn man solch eine Prüfung hinter sich gebracht hat und nun vor vollkommen neuen Aufgaben steht. In 1, 2 Jahren denken sich viele dieser jungen Menschen, wie schön es gewesen wäre, wenn sie noch einen Tick mehr Wissen mit aus der Schule mit hinausgenommen hätten, wenn sie einfach besser Sprachen gelernt hätten und mehr logisches Denken. Aber das sei nur so am Rande erwähnt. J Die Erkenntnis ist so alt wie die Schule. Das Zentrale ist aber jetzt: Es gibt einige Wochen und Monate, in denen zumindest theoretisch jedem Abiturient und jeder Abiturientin alle Türen offen stehen. Tausende von Entwicklungsmöglichkeiten. So ein Gefühl gibt es normalerweise nur einmal im Leben. Alle Türen offen und die Träume erst angefangen zu träumen. Ein zauberhafte Zeit. Man sieht es den Leuten an. Ich muss im Moment gleichzeitig den Leitartikel für unser faust-aktuell schreiben und finde, der passt dort und auch hier. Also bekommen Sie ihn später noch einmal, wenn Sie Fausteltern sind. Aber das macht nichts. Sie müssen ihn ja nicht zweimal lesen.

Lobhudeleien eines Altpädagogen

2,2 . In Worten zweikommazwei.

„Das schon wieder“, sagt vielleicht mancher. „Alle Jahre wieder. Na und? – „Na und? Wie können Sie so was sagen?“ sage ich. Baden-Württemberg liegt bei Schul-

studien nach wie vor im vorderen Feld. Das Faust hat seit Jahren einen etwas besseren Abitursdurchschnitt als Baden-Württemberg. „Na und?“ Hören Sie, Faustkritiker werfen der Schule immer wieder vor, dass  viel zu viel zusätzlich zum Unterricht abläuft. Zu viele Austauschprogramme, zu viele Projekte, zu viele Veranstaltungen, zu viel Unruhe für schulische Arbeit.

Deshalb sage ich ja: 2,2. Und das auch jetzt noch, obwohl unser Kollegium sich massiv verjüngt hat. Auch das hat also bis jetzt funktioniert. Der junge Lehrer-Block macht ähnlich weiter. Gute fachliche Grundlagen. 2,2 Abitursschnitt. Aber trotzdem auch viele andere Angebote, bis man am Faust das Abitur gemacht hat. Ein sehr aktives Kollegium. Deshalb auch viele Möglichkeiten, Zertifikate zusätzlich zum Abitur zu erlangen. Ich darf sie immer drucken. Mache ich sehr gerne, weil es einen guten Einblick in den Abi-Jahrgang gibt. 2010: 125 Abiturient/innen, über 30 Zertifikate neben den vielen Fachpreisen, die vergeben werden. Viele bekommen mehrere Zertifikate. Theater, Chor, Jazz AG, Streitschlichter-Team, HAG, Sportmentoren, Lerncoach, SMV Arbeit, Lichttechnik, Studioarbeit, Podcast, Filmteam …

„Ja und Schule? Die muss doch vorgehen. Keine Sorge. Geht sie ja auch. Wenn es auch manchmal so scheint, dass zu viel Aktivität von Schule ablenkt. Die Weltfirma Google z.B. erwartet von seinen Mitarbeitern, dass sie 10 bis 20% ihres Einkommens mit eigenen Projekten verdienen, weil  die Firmenzentrale weiß, dass dann die Mitarbeiter in der eigentlichen Arbeit besser motiviert sind. Das weiß jeder von sich selbst. Warum soll das in Schule anders sein. Ich schaue mir natürlich seit fast 20 Jahren die Noten der Abiturienten an, für die ich Aktivenzertifikate schreibe. Immerhin ist das Ergebnis eine beruhigende Meldung für Eltern, die sich Sorgen machen, wenn ihre Tochter oder ihr Sohn neben dem Fachunterricht noch andere Dinge aus der Schule mitnehmen. In jedem Jahr die gleiche Erfahrung. Die sieht in diesem Jahr z.B. so aus:   zweimal 1,0/ 1,1/1,2/zweimal 1,4/zweimal 1,6/zweimal 1,8/zweimal 1,9/dreimal 2,0/fünfmal 2,1/viermal 2,2/zweimal 2,3/2,5/2,8/2,9/3,2 – also ein Schnitt von 1,95. Bleibt für die anderen 2,3. Die übliche Erkenntnis. Immer einen Tick besser als der Durchschnitt. Deshalb liebe Eltern von Aktiven am Faust: Keine Panik. Denken Sie an Google. Neben den Aktiven aus den verschiedenen Teams gab es aber natürlich für viel mehr Schüler/innen alle möglichen Aktiverfahrungen in einzelnen kurzzeitigen Projekten und bei den zehn Austauschprogrammen, die es am Faust gibt. Darf ich die Sache für Sie visualisieren? Wer Schule nur aus der Sicht von Noten defizitorientiert betrachtet, der also meint: „nur“ 7 Punkte sind 8 zu wenig, der greift definitiv zu kurz. Auch ein Abiturient mit „nur“ 7 Punkten in Physik kann ein exzellenter Ingenieur werden, weil zu einem guten Ingenieur viel mehr gehört als nur das Schulwissen. Zum Beispiel Einsatz und Eigeninitiative. Begeisterungsfähigkeit und Kreativität. Teamgeist und Kommunikationsfähigkeit. Auch eine Abiturientin mit „nur“ 7 Punkten in Englisch kann ihre Berufskarriere in Amerika beginnen. Auch ein Abiturient mit „nur“ 7 Punkten in Mathematik kann ein exzellenter und sehr logisch kombinierender Staatsanwalt werden. Denn mit „nur“ 7 Punkten im Abitur in Englisch in Baden-Württemberg hat man einen Standard erreicht, hinter dem eine Gesamtleistung steckt, die man selbstbewusst aus der Schule mit hinausnehmen sollte. Und wenn man dann aus einer Schule kommt, die zusätzliche Fähigkeiten entwickeln lässt, so man das will, dann darf man als Zertifikatschreiber schon ein wenig lobhudeln. :-) Finde ich.  Viele Abiturient/innen mit einem richtig guten Abschluss und noch vielen Grundfähigkeiten, die sie wunderbar für ihr weiteres Leben brauchen können. Persönlich und beruflich. Beruflich persönlich.

Ich darf den Abiturientinnen zum 2,2 Durchschnitt gratulieren, den Kolleg/innen zur wundervollen fachlichen Vorbereitung und Betreuung der Schüler/innen. Speziell den Jungen. Klasse Arbeit. Den Oberstufenberatern für einen perfekten Ablauf der mündlichen Prüfungen und der gesamten Schulgemeinde für eine erfolgreiche Schulkultur.

Heinz Bayer

19. Juni 2010

WM und Schule

Abgelegt unter: Pädagogik, WM — heinz.bayer @ 09:10

Fußballzeit. Auch im Flügelverleih kam sie am Freitag an. WM Spiel gegen Serbien. „Was, kein Nachmittagsunterricht wegen einem Fußballspiel? Dafür „school viewing“ in der Aula? Wo gibt es denn so was?“ werden sich vielleicht manche Eltern gefragt haben. Auch der Flügelverleih hatte die Möglichkeit genutzt. Nur ein einziges Mädchen hatte keine Lust auf Fußball und arbeitete dafür 2 ½ Stunden lang konzentriert mit Spezialbetreuung. Auch nicht schlecht. Finden wir. Die anderen also public viewing. Gemeinschaftsgefühl. Eine Aula voll mit schwarz-rot-gold geschmückten jungen Menschen. Die wie von Geisterhand beim Ertönen der Nationalhymne aufstanden und mitsangen. Veränderte Zeiten. Die letzte WM hat einfach neue Ansichten geschaffen. Wir sind eine Partnerschule des Sports. Wir setzen auf Identifikation mit der Schule. Deshalb gab es diesen Beschluss. Lieber die Freitagnachmittagsklassen zufrieden in der Aula und die Arbeitsblätter zu Hause, wenn es beim Stoff eng wurde, als zu vielen Entschuldigungen wegen Bauchweh, Schwindel und Übelkeit oder dem einfachen Stemmen nachzugehen. Die Stimmung war großartig. Nur hatte das entsprechende Ergebnis gefehlt. Am lautstarken Mitgehen des Faust-Publikums kann es nicht gelegen haben.

Fußball kann man übrigens immer gut mit dem Wirken in der Schule selbst vergleichen. Das Training ist das A & O. Das erfolgreiche Umsetzen im Spiel ist neben der eigentlichen Professionalität von vielen Zufälligkeiten geprägt. Und von Einstellungen. Und vom Selbstbewusstsein. Der mentale Anteil ist auch in der Schule sehr wesentlich. Bevor ich Ihnen in diesem Zusammenhang von der “Ätzwand” erzähle, leite ich Sie einfach auf den Blog für Versetzungsgefährdete weiter, da habe ich diese Visualisierung gerade hochgeladen. Die Reflexion über die Ätzwand ist aus meiner Spezial-Betreuungserfahrung für manchen Schüler eine gute Methode, seine kleinen Schulprobleme zu überwinden. Die Zentrale sitzt einfach im Kopf. Einen Versuch ist es immer wert.

10. Juni 2010

Hip Hop Woche

Abgelegt unter: Flügelverleih, Noten — heinz.bayer @ 15:11

Ich mache es heute kurz, dafür male ich ein wenig mehr. Schule mit ihrem Fächerkanon ist ein wichtiger Teil der Entwicklung unserer Fähigkeiten. Fast alle Gesellschaften dieses Planeten haben einen ähnlichen Fächerkanon entwickelt. Keine hochtechnisierte Gesellschaft ohne Mathematik und Naturwissenschaften, Sprachen und Muttersprache im Schulprogramm. Ohne geht es einfach nicht. Deshalb Pflicht für alle. Daneben gilt es aber trotzdem viele andere Fähigkeiten zu entwickeln. Speziell Fähigkeiten, die man individuell besonders gut und gerne entwickeln kann. Sie gehören genauso zu einer erfolgreichen Berufsvorausbildung, auch wenn sie nicht benotet werden. Mit den HipHop Woche wollen wir allen unseren Flügelverleihschüler/innen die Möglichkeit geben, zu testen, ob sie in Sachen Rhythmus und rhythmisches Texten ungeahnte Talente versteckt haben. Außerdem macht es natürlich einfach Spaß, sich als Musikproduzent zu bewähren. Die Endergebnisse stehen noch aus, aber die ersten Produktionen zeigen schon jetzt, was so manche drauf haben.

Doch jetzt das Bild, das auch im Parallelblog Thema ist. Bei www.maennerrevolte.de haben die Flügelwochen begonnen. Seit 3 Jahren betreuen wir an der Schule versetzungsgefährdete Schüler/innen mit einem eigenen mentalen Unterstützungsprogramm. Auch für Nichtversetzungsgefährdete sind die prinzipiellen Aussagen des Blogs natürlich sicher hilfreich, präventiv sozusagen.

Die nächste Ansicht sollte man sich aus dem Kopf schlagen. Leider ist die Defizitorientierung in so vielen Köpfen drin. Also besser die erste Darstellung festigen, das ist die erfolgreichere für das Selbstbewusstsein. Und um Selbstbewusstsein zu bekommen, kann gar nicht genug Aufwand betrieben werden.

Man muss jungen Menschen immer und immer wieder klar machen, dass schlechte Noten meist nicht mit mangelnden Fähigkeiten sondern mit mangelndem Einsatz und mangelnder Nachhaltigkeit zu tun haben. Das ändert zwar zuerst einmal nichts an den Noten, aber zumindest ist es Balsam für die Seele. Mit einem gesunden Selbstbewusstsein können Veränderungen viel leichter geschultert werden.

4. Juni 2010

16 und 64 – ein Vergleich

Abgelegt unter: Pädagogik — heinz.bayer @ 20:16

Schon irgendwo gelesen? Die 64jährigen und die 16jährigen haben Gleichstand erreicht. Und dann geht die Schere kontinuierlich auseinander. Was das mit dem Flügelverleih zu tun hat? Und mit der Schule? Na ja. Auf was soll Schule vorbereiten? Auf ein Umfeld in Deutschland, in der Fachleute immer mehr gefragt sein werden, weil die Jugend rar wird. (Außer man wandert nach Indien aus) Die Anforderungen werden allerdings nicht abnehmen, sondern eher zunehmen. Soll heißen: Wer bereit ist, seine Fähigkeiten zu schulen, der wird später beruflich keine Probleme haben, wenn er auf den Arbeitsmarkt schaut, bevor er anfängt, eine Ausbildung oder ein Studium zu machen. Die Schulnoten werden noch mehr als heute nebensächlich werden. Dafür die Eigenmotivationsfähigkeit und das Sich-durchbeißen-können umso wichtiger. Das muss Ihre Tochter oder Ihr Sohn aber selbst lernen. Wenn sie oder er diese Fähigkeit noch nicht hat. Man bekommt sie nur, wenn man auch gefordert wird. Neben dem Fördern. Wenn man nicht zu viel abgenommen bekommt. Deshalb: Nicht so sehr Angst haben, dass bei schlechteren Noten die spätere berufliche Zukunft ein Problem sein könnte. Lieber Angst haben, dass die Eigenmotivationsfähigkeit sich nicht gut entwickelt und auch später verkümmert bleibt. Das wäre viel schlimmer. Denn genau auf die kommt es nach der Schule an.

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