Liebe Eltern. Wir planen und üben schon viel mit unseren jungen Flügelverleihmenschen. Damit der 7. Juli auch mit einem schönen Programm ausgestattet ist. Zu unserem Sommerfestpicknick benötigen Sie nur etwas zum Essen und Trinken, das Sie bitte mitbringen, Grills haben wir aufgebaut. Und dann brauchen Sie noch eine Decke (oder Campingstühle, wenn Ihnen das zu unbequem ist). Und natürlich gute Laune. Klar. 17 Uhr. Schulgarten. Das ist hinter der Turnhalle. Sie werden es finden.
Die geschätzten Leser wissen sicher inzwischen, nach welchem Muster ich schreibe. Es ist das nicht vorhersehbare Muster, welche Fragen einem Altpädagogen im Laufe des Schuljahres durch den Kopf gehen. Die Fragen haben oft mit dem planmäßigen Alltag in der Schule zu tun. Aber auch viel mit Zufälligkeiten des Schulalltags.
In der letzten Woche des Abijahrgangs geht mir eigentlich immer eines durch den Kopf:
Es ist eines der großartigsten Momente im Leben, wenn man solch eine Prüfung hinter sich gebracht hat und nun vor vollkommen neuen Aufgaben steht. In 1, 2 Jahren denken sich viele dieser jungen Menschen, wie schön es gewesen wäre, wenn sie noch einen Tick mehr Wissen mit aus der Schule mit hinausgenommen hätten, wenn sie einfach besser Sprachen gelernt hätten und mehr logisches Denken. Aber das sei nur so am Rande erwähnt. J Die Erkenntnis ist so alt wie die Schule. Das Zentrale ist aber jetzt: Es gibt einige Wochen und Monate, in denen zumindest theoretisch jedem Abiturient und jeder Abiturientin alle Türen offen stehen. Tausende von Entwicklungsmöglichkeiten. So ein Gefühl gibt es normalerweise nur einmal im Leben. Alle Türen offen und die Träume erst angefangen zu träumen. Ein zauberhafte Zeit. Man sieht es den Leuten an. Ich muss im Moment gleichzeitig den Leitartikel für unser faust-aktuell schreiben und finde, der passt dort und auch hier. Also bekommen Sie ihn später noch einmal, wenn Sie Fausteltern sind. Aber das macht nichts. Sie müssen ihn ja nicht zweimal lesen.
Lobhudeleien eines Altpädagogen
2,2 . In Worten zweikommazwei.
„Das schon wieder“, sagt vielleicht mancher. „Alle Jahre wieder. Na und? – „Na und? Wie können Sie so was sagen?“ sage ich. Baden-Württemberg liegt bei Schul-
studien nach wie vor im vorderen Feld. Das Faust hat seit Jahren einen etwas besseren Abitursdurchschnitt als Baden-Württemberg. „Na und?“ Hören Sie, Faustkritiker werfen der Schule immer wieder vor, dass viel zu viel zusätzlich zum Unterricht abläuft. Zu viele Austauschprogramme, zu viele Projekte, zu viele Veranstaltungen, zu viel Unruhe für schulische Arbeit.
Deshalb sage ich ja: 2,2. Und das auch jetzt noch, obwohl unser Kollegium sich massiv verjüngt hat. Auch das hat also bis jetzt funktioniert. Der junge Lehrer-Block macht ähnlich weiter. Gute fachliche Grundlagen. 2,2 Abitursschnitt. Aber trotzdem auch viele andere Angebote, bis man am Faust das Abitur gemacht hat. Ein sehr aktives Kollegium. Deshalb auch viele Möglichkeiten, Zertifikate zusätzlich zum Abitur zu erlangen. Ich darf sie immer drucken. Mache ich sehr gerne, weil es einen guten Einblick in den Abi-Jahrgang gibt. 2010: 125 Abiturient/innen, über 30 Zertifikate neben den vielen Fachpreisen, die vergeben werden. Viele bekommen mehrere Zertifikate. Theater, Chor, Jazz AG, Streitschlichter-Team, HAG, Sportmentoren, Lerncoach, SMV Arbeit, Lichttechnik, Studioarbeit, Podcast, Filmteam …
„Ja und Schule? Die muss doch vorgehen. Keine Sorge. Geht sie ja auch. Wenn es auch manchmal so scheint, dass zu viel Aktivität von Schule ablenkt. Die Weltfirma Google z.B. erwartet von seinen Mitarbeitern, dass sie 10 bis 20% ihres Einkommens mit eigenen Projekten verdienen, weil die Firmenzentrale weiß, dass dann die Mitarbeiter in der eigentlichen Arbeit besser motiviert sind. Das weiß jeder von sich selbst. Warum soll das in Schule anders sein. Ich schaue mir natürlich seit fast 20 Jahren die Noten der Abiturienten an, für die ich Aktivenzertifikate schreibe. Immerhin ist das Ergebnis eine beruhigende Meldung für Eltern, die sich Sorgen machen, wenn ihre Tochter oder ihr Sohn neben dem Fachunterricht noch andere Dinge aus der Schule mitnehmen. In jedem Jahr die gleiche Erfahrung. Die sieht in diesem Jahr z.B. so aus: zweimal 1,0/ 1,1/1,2/zweimal 1,4/zweimal 1,6/zweimal 1,8/zweimal 1,9/dreimal 2,0/fünfmal 2,1/viermal 2,2/zweimal 2,3/2,5/2,8/2,9/3,2 – also ein Schnitt von 1,95. Bleibt für die anderen 2,3. Die übliche Erkenntnis. Immer einen Tick besser als der Durchschnitt. Deshalb liebe Eltern von Aktiven am Faust: Keine Panik. Denken Sie an Google. Neben den Aktiven aus den verschiedenen Teams gab es aber natürlich für viel mehr Schüler/innen alle möglichen Aktiverfahrungen in einzelnen kurzzeitigen Projekten und bei den zehn Austauschprogrammen, die es am Faust gibt. Darf ich die Sache für Sie visualisieren? Wer Schule nur aus der Sicht von Noten defizitorientiert betrachtet, der also meint: „nur“ 7 Punkte sind 8 zu wenig, der greift definitiv zu kurz. Auch ein Abiturient mit „nur“ 7 Punkten in Physik kann ein exzellenter Ingenieur werden, weil zu einem guten Ingenieur viel mehr gehört als nur das Schulwissen. Zum Beispiel Einsatz und Eigeninitiative. Begeisterungsfähigkeit und Kreativität. Teamgeist und Kommunikationsfähigkeit. Auch eine Abiturientin mit „nur“ 7 Punkten in Englisch kann ihre Berufskarriere in Amerika beginnen. Auch ein Abiturient mit „nur“ 7 Punkten in Mathematik kann ein exzellenter und sehr logisch kombinierender Staatsanwalt werden. Denn mit „nur“ 7 Punkten im Abitur in Englisch in Baden-Württemberg hat man einen Standard erreicht, hinter dem eine Gesamtleistung steckt, die man selbstbewusst aus der Schule mit hinausnehmen sollte. Und wenn man dann aus einer Schule kommt, die zusätzliche Fähigkeiten entwickeln lässt, so man das will, dann darf man als Zertifikatschreiber schon ein wenig lobhudeln. Finde ich. Viele Abiturient/innen mit einem richtig guten Abschluss und noch vielen Grundfähigkeiten, die sie wunderbar für ihr weiteres Leben brauchen können. Persönlich und beruflich. Beruflich persönlich.
Ich darf den Abiturientinnen zum 2,2 Durchschnitt gratulieren, den Kolleg/innen zur wundervollen fachlichen Vorbereitung und Betreuung der Schüler/innen. Speziell den Jungen. Klasse Arbeit. Den Oberstufenberatern für einen perfekten Ablauf der mündlichen Prüfungen und der gesamten Schulgemeinde für eine erfolgreiche Schulkultur.
Heinz Bayer