Flügelverleih meets Hattie

27. März 2010

Improvisationstheater

Abgelegt unter: Flügelverleih — heinz.bayer @ 08:03

Liebes Nachmittagsschul-Tagebuch.

Schon verrückt, was man sich im Laufe eines Schuljahres über unsere kleine Schule in der Schule für Gedanken machen kann. Man setzt sich am Samstag morgen mit einem Kaffee hin und denkt über die Woche nach. Ich weiß oft nicht, wo ich anfangen soll zu erzählen. Es war C-Woche. Thema: Improvisationstheater. Unser Theaterchef Thatenhorst hatte einen richtigen Wochenlehrplan vorgelegt. Spielerische Übungen, um Lockerheit und Freiheit im Sprechen zu bekommen. „Wer da an mehreren Tagen da ist und dieses Programm mitmacht, der hat ein richtiges Pfund für sich eingepackt“, habe ich mir beim ersten Überfliegen gedacht.

Ich hatte am Dienstag Flügelverleihdienst. Frühling. Sonnenschein. Die Hausaufgaben fertig und raus ins Freie mit freien Angeboten. Eine große Gruppe um Frau Hirth. Improvisationstheaterspiele. Fröhliche entspannte Gesichter. Spielen und Lernen. Die Gesichter waren allerdings zu 90% weiblich. Die entspannten Jungs-Gesichter gab es erst, als wir dann doch, entgegen unserem „Lehr“- Plan, den Fußball auspackten. Wer es fertig bringt, aus dem Fußballspielen der Jungs ein pädagogisch, inhaltliches Konzept zu bauen, das dem schulischen Erfolg hilft, der bekommt vom Flügelverleih den alternativen Nobelpreis in Pädagogik. Versprochen. Am Mittwoch hatten wir für unsere Flügelverleihmenschen ein Bonbon angeboten: Wer keine Hausaufgaben hatte, war Gast bei einer Veranstaltung des Südwestfernsehens in der Aula. Sie haben es sicher im faust-aktuell spezial gelesen. Auch da wurde mal wieder der Wandel der Geschlechterrolle offensichtlich. Ich kann mich noch gut an unsere ersten Filmteams am Faust erinnern. Vor 25 Jahren, vor 15 Jahren, vor 10 Jahren …….. überwiegend männliche Gesichter. Und was sagte der Moderator Dieter Fritz auf dem Bühne über das jetzige Filmteam, das einen exklusiven Workshop von Vollprofis genießen durfte: „ Es ist wie an allen Schulen, die wir in den letzten Monaten besucht haben: Der Großteil der Filmaktiven ist weiblich.“

Im Flügelverleih erfanden ein paar Lerncoachs als Alternative parallel zur Veranstaltung Lernstationen im Freien. Bewegte Schule. Bewegung und Lernen. Vielleicht sollten wir es einmal mit MP3 Player und Vokabellernen während eines entspannten Fußballspiels probieren. :-) Immerhin haben alle Befragten unserer kleinen Testreihe am Dienstag „Besser Vokabel lernen mit 4 mal 50 Meter vorherigem Sprint“ gemeint, dass es für sie wesentlich leichter gewesen wäre, nach der körperlichen Verausgabung konzentriert an ihr Vokabellernen dranzugehen. Ein Kollege hatte diese Idee von einem Sportlerkongress mitgebracht. Neueste Forschungsergebnisse der Gehirnforschung. Wir bleiben dran.

19. März 2010

Ton- und Filmstudio im Flügelverleih

Abgelegt unter: Flügelverleih — heinz eugen b @ 20:27

Ich zitiere jetzt einfach einmal einen unserer Jungredakteure.
Dino beschrieb das Geschehen nach den Hausaufgaben folgendermaßen:
„Thema dieser Woche ( B-Woche)
Ton- und Videoaufnahmen und auch Bearbeitung von Ton- und Videoaufnahmen.
Wir haben die Möglichkeit zu singen: Beim Singen dürfen wir das Lied „Der Regen fällt“ von La Fee singen- Wir dürfen auch rappen. Beim Rappen dürfen wir das Lied „Der Regen fällt“ rappen. Was bestimmt jedem aufgefallen ist, dass wahrscheinlich 90 Prozent der Mädchen mitsingen und nur 10 Prozent Jungs. Wundert keinen. Und auch, wenn ein paar Jungs mitmachen: Sie rappen!!! Meine Freunde machen auch nicht mit. Wir dürfen auch remixen. Wenn man alles mixen würde, würde es sich so anhören: „hia ha hi Regen hia.“ Ciao, muss für einen Geo Test lernen.“
Danke Dino. Und er hat recht. Nina hatte La Fee mitgebracht. „Der Regen fällt“. Texte gelernt, geübt, gesungen, sich aufnehmen lassen, das haben die Mädels. Jungs waren mehr dabei, wenn es um das Abmischen ging. La Fee auf die erste Spur, die Stimme mit dem Equilizer ausblenden, den Gesang der Sängerinnen auf die nächsten Spuren legen. Der Nachmittags-Laptop wird zum Tonstudio. Bei den Studioaufnahmen selbst waren es die Jungs, die am digitalen Mischpult saßen. Erstaunlich, wie konzentriert da manche plötzlich sein können. Und mucksmäuschenstill. Geht doch. Immerhin ist die B-Woche die Woche, in der es um „Können“ geht.
Beim Videoclip drehen am Ende der Woche wieder große Ernsthaftigkeit bei den Sängerinnen. Eine wunderschöner Videoclip entsteht am Donnerstag.
Und die Jungs? Doch, auch sie sind verewigt. 3 Jungs, die am Ende des Clips wie wild los rappen. Das machen sie spontan. Auf Zuruf. Kein Problem. Wild sein ist die pure Leidenschaft. Für die Sängerinnen ein Erinnerungswert der Spitzenklasse. Wer kann schon seinen Kindern einen Videoclip aus grauer Vorzeit vorspielen.
Ob man den ansehen kann. Nö, der wurde nur den Sängerinnen auf DVD als Belohnung am Ende der Woche überreicht. Nicht alles muss öffentlich sein.
Und die Hausaufgaben: Ja klar, versprochen, die mussten immer erst fertig sein, dann durfte erst die Themenwoche ran.
Ach übrigens, das Filmteam am Faust um Frau Schmitz hat so viele Wettbewerbe gewonnen, dass nun das Südwestfernsehen ans Faust kommt. Workshop mit den Aktiven. Und dann am Nachmittag eine öffentliche Veranstaltung. Wir werden mit dem Flügelverleih hingehen. Klar doch. Ist immerhin auch unser Thema.

13. März 2010

Die Qual der Wahl

Abgelegt unter: Sprachwahl — heinz eugen b @ 07:26

Es ist mal wieder soweit. Alle Jahre wieder. Die Qual der Wahl. Das fängt mit den jetzt noch Viertklässlern an, die sich entscheiden müssen, ob sie Biberacher Modell oder Französisch oder Englisch wählen sollen, wenn sie dann als frischgebackene Fäustlinge bei uns antreten. Und dann müssen die Siebtklässler in den nächsten Wochen entscheiden, ob sie als neues Hauptfach Italienisch, Französisch, Naturwissenschaft und Technik, kurz NWT oder Sport wählen. In der 8. Klasse werden die Klassen neu zusammengesetzt. Also eine Wahl, die auch über das Leben an sich entscheidet. :-) Na ja, eben die Frage: Wie bekomme ich es hin, mit meinem besten Freund in einer Klasse zu bleiben. Das sind oft schmerzhafte Erkenntnisse. „Du Mama, ich wähle Italienisch. Wie der Paul. Das ist ne total coole Sprache.“ Meint der junge Mann neben mir. „Ich glaub’s nicht. Hast du dir mal überlegt, wie gerne du in Englisch und Französisch Vokabeln lernst?“ meint die Mama und behauptet, dass die Drei und die Drei bis Vier in den Sprachen sicher keine guten Eintrittskarten in eine Sprachklasse wären.
Ja, da muss man der Mama zustimmen. Denn es gibt eigentlich nur eine einzige sinnvolle Eintrittskarte in ein neues Fach: Man muss es gerne tun wollen. Nicht nur können wollen. Man muss Biss mitbringen. Deshalb ist die Qual der Wahl für unsere Flügelverleihmenschlein in einem oder in zwei Jahren schon jetzt eine wichtige Frage. Woher nehme ich den Biss, in Kürze tatsächlich wählen zu können? Nach echtem Interesse wählen zu können. Und nicht “halt was nehmen zu müssen.” Was nützt die noch nicht so wirklich ans Tageslicht getretene Sprachbegabung, wenn man sich nicht um die Sprachen bemüht. Leider ist das “sich um Sprachen bemühen” z.B. mit kontinuierlichem Vokabellernen verbunden. Erst wenn der Wortschatz sitzt, macht Sprache Spaß. Deshalb heißt es bei uns in der Nachmittagsschule auch immer, wenn die Hausaufgaben gemacht sind: „Schnapp dir einen Freund und hört euch Vokabeln ab.“ Vokabellernen muss zum tagtäglichen Alltag gehören. So wie Frühstücken. Dann freut sich das Sprachgehirn. Dann hat es in der 8. Klasse sogar die Wahl, sich in die Chinesisch AG zu begeben, um eine Sprache zu lernen, die zwar zu den schwersten, aber auch zu den zukunftsträchtigsten Sprachen überhaupt gehört. Zwei Austauschprogramme stehen dahinter, Wuhan und Shanghai, und man kann am Faust inzwischen Chinesisch sogar als 4. Fremdsprache wählen und Abitur darin machen. Bis dahin müssen die sprachlichen Gehirnmuskeln aber soviel Fitnesstraining absolviert haben, dass sie einfach mit Lust und Laune ins Fitnessstudio gehen.
Für viele, die konzentriertes Aufpassen in der Schule für eine Nebensächlichkeit halten, die in der 5. Klasse beim Nachdenken über ihre sprachliche Zukunft noch glauben, später Wahlfreiheit zu besitzen, kommt leider in der 7. Klasse die Ernüchterung. Man traut sich eine 3. Sprache nicht zu, obwohl man schon ganz gerne weltgewandt würde. Das Sportprofil scheint die Rettung, aber da aus Raumgründen nur eine Klasse eingerichtet werden darf, funktioniert das auch nicht sicher. Bleibt für manche nur der naturwissenschaftliche Weg, der für jemanden, der begeistert Naturwissenschaften machen will, ein ganz wunderbarer ist. NWT ist für Interessierte ein ganz neues Fach mit äußerst vielen Möglichkeiten, selbst aktiv zu werden, um selbstständig zu forschen und zu arbeiten. Aber für einen, der nur in die Naturwissenschaften geht, weil die beiden anderen Wege für ihn nicht wählbar sind, ein echter Murks. Etwas mit 4 bis 5 Wochenstunden tun, was man eigentlich nicht tun will, ist keine gute Grundlage für schulischen Erfolg. Deshalb unser Flügelverleihslogan: „Schon jetzt ranklotzen, damit du später eine echte Wahl hast.“

5. März 2010

Eigenzeit

Abgelegt unter: Noten — heinz.bayer @ 22:02

Die Spielewoche entwickelt sich zum Hit. Finden wir. Während wir im letzten Jahr das gemeinsame Gesellschafts-Spielen noch nicht wirklich hinbekommen hatten, ist es in diesem Jahr richtig gut geworden. Wahrscheinlich ist es die Idee, dass die Coachs mitspielen, dass wir Lehrer und speziell natürlich auch Frau Geismann mitspielt. Spielen ernst nehmen. Es gibt unglaublich entspannende Szenen. Lachend zufriedene Gesichter, Quietschen vor Freude, Spannung und Entspannung in einem. Klassenübergreifend. Altersübergreifend. Lebenslust. Lebenssinn. Eigenzeit. Muße.

In meinem Arbeitszimmer hängt ein Blatt. Das habe ich nach dem Lesen eines ZEIT Artikels über „die Wiederentdeckung der Muße“ dort hingepinnt habe. Lese es recht oft.

Ich zitiere:
„Denn letztlich hat die Kunst der Muße nichts mit der Zahl der freien Stunden zu tun, sondern mit einer Haltung. “Muße” so drückt es die Österreichische Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny aus, “ist die Intensität des Augenblicks, der sich zeitlich zu Stunden oder Tagen ausdehnen kann, um sich auf ein einziges zu konzentrieren: Eigenzeit. Diese Eigenzeit kann vieles sein – ein intensives Gespräch ebenso wie Musikgenuss oder ein spannendes Projekt, sie kann spielerisch oder ernsthaft sein, zielorientiert oder suchend, aber sie wird immer charakterisiert durch eine Eigenschaft,” sagt Nowotny. “Muße ist die Übereinstimmung zwischen mir und dem, worauf es mir in meinem Leben ankommt.”

Eigenzeit: Worauf es im Leben ankommt. Wenn man im Flügelverleih alters- und klassenübergreifend Menschen bunt und lebensprall spielen sieht, dann ist das echte Eigenzeit. Die man als Mensch dringend benötigt. Die ein Ziel im Leben sein sollte. Das ist wichtig, wenn man sich mit Noten beschäftigt. Da ich letzte Woche die schwierige Entwicklung geschildert habe, die man bei einigen hauptsächlich männlichen Schülern sieht, sollte ich doch auch etwas für die Schüler/innen anmerken, die sich überwiegend im grünen Bereich befinden. Der grüne Bereich sollte nicht zu eng gefasst werden. Man sollte bitte nie eine solide Drei als Unglück betrachten. Am Ende ist es nicht die Note, die wirklich wichtig ist. Schon gar nicht die grünen Noten in Klasse 5 oder 6. Die Frage ist sowieso: Was will ich eigentlich im Leben erreichen? Mit den konkreten Noten im hauptsächlich grünen Bereich hat das nichts zu tun. 1 bis 2 – 3 plus – 2 bist 3 – 3 Minus. Sagen Sie einfach ok dazu. Note: Ok. Man tut sich leichter, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Erfahrung zeigt – Ihre Erfahrung übrigens auch, Sie müssen nur einmal ihr erwachsenes Umfeld nach den Schulnoten befragen – dass die Schulnote und die Lebenszufriedenheit nicht direkt zusammenhängen.

Darf ich Ihnen zum Schluss das Ding noch einmal aufzeichnen? Das Lebensziel des eigenen Kindes sollte ohne Nachzudenken nicht mit Karriere gleichsetzen. Es gibt noch viele andere mögliche Ziele, die lebenszufrieden machen.

Ich hoffe, man versteht mich irgendwie. :-)

Powered by WordPress ( WordPress Deutschland )