Flügelverleih meets Hattie

14. April 2013

Badische Zeitung

Abgelegt unter: Flügelverleih, Fünferhaus, Gymnasialempfehlung, Pädagogisches — heinz.bayer @ 07:27

Ich habe versprochen, in diesem Blog eine Ergänzung zu einem BZ Artikel zum Thema “Akademie zum platzenden Knoten” innerhalb unseres Projekts “den Bahnhof verstehen” zu schreiben. Für die konkreten Projektinhalte verweise ich gleich einmal auf die Ausführungen in unserem  Betreuungs-Blog. www.maennerrevolte.de. Denn dort sind auch alle Betreuungsprojekte der letzten Jahre zu finden, falls man lange genug sucht. :-) Sorry, für alle Neuleser/innen. Ich bin ein pädagogischer Drauflosschreiber.  Da am Gymnasium mehr Jungs als Mädchen leistungsmäßig betreut werden müssen, heißt der Blog so.

Die pädagogische Vorgeschichte und die Grundlagen, um die Akademie zum Platzenden Knoten zu verstehen, beschreibe ich hier im Flügelverleih-Blog, der  ursprünglich ein reiner Eltern-Blog für Flügelverleiheltern war, die sich wünschten, dass sie erfahren, wie wir Flügelverleiher pädagogisch ticken und was wir so alles am Nachmittag mit den Kindern unternehmen. Da es offensichtlich viel mehr Menschen gibt, die gerne von bunt praktizierter Ganztagesschule lesen, ist es ein Blog geworden, der den Lebensraum Schule aus der Sicht von einem großen Betreuungsteam der besonderen Art beschreibt, das eng vernetzt ist mit der komplexen Gedankenwelt des Faust.

Der Schreiber selbst, also ich, Fachabteilungsleiter für Schulentwicklung und totaler Flügelverleih-Fan und seit Jahrzehnten vernarrt in unsere vielfältigen pädagogischen Konzepte, mit aktiven Schüler/innen am Faust wundervolle Projekte loszutreten und Arbeitsgemeinschaften zu fördern, weil sie Schule als Lebensraum aufbauen helfen, habe in diesem ganzen Zusammenhang auch entdeckt, wie gerne ich einfach drauflosschreibe, was uns im Team am Herzen liegt. Weil es auch innerhalb eines meiner Aufgabenfelder als Fachabteilungsleiter sehr viel vereinfacht – bei der Kommunikation mit unseren Eltern. Man muss Schule heute gut erklären, weil sie sonst oft nicht mehr verstanden werden kann.

Zum Beispiel finde ich es immer noch vollkommen unwirklich, dass wir unter Rot-Grün offensichtlich unseren Chor, unser Theater und unser Orchester verlieren sollen. Ich glaube irgendwie immer noch dran, dass unser Kultursminister demnächst laut auflacht und meint: “April, April. Mit uns streicht man doch keine musischen Arbeitsgemeinschaften. Wir sind doch angetreten, um Schule besser zu machen.”

Das alles den Eltern vermitteln kann ich leider nicht in Kurzform. Wenn ich schreibe, schreibe ich. Sorry. Und drauflos. Das hat mein Deutschlehrer früher schon bemängelt. Und meine “Unds” am Satzanfang.

Ok. Ich beginne mal.

Der Pavillon.

Schulkenner wissen, dass wir unsere fünften Klassen in einem eigenen Pavillon mit fünf Klassenzimmern unterrichten – genannt Fünferhaus. Unsere Neuen kommen zum Teil von sehr kleinen Grundschulen und waren in früheren Zeiten in der fünften Klasse von einer weit über tausend Schüler/innen-Schule oft wie erschlagen. Unser Fünferhaus ist klein und überschaubar und mit einer Stufenpädagogik ausgestattet, die das Ankommen am Faust erleichtert. Am Nachmittag findet im selben Gebäude der Flügelverleih statt. Eine Mischung von Hausaufgabenbetreuung und sozialem Lebensraum Schule. 50 bis 70 Coachs aus den Klassen 9 aufwärts arbeiten dort. Immer zwei pro Klassenraum. Betreut und angeleitet von einem Sozialarbeiter und betreuenden Lehrer/innen. Eine kleine eigene Schule in der Schule. Netzwerkbildend in vielfältiger Hinsicht. Keine Verpflichtung hinzugehen und doch seit Jahren voller Leben. Schon jetzt haben sich wieder 60% der nächsten Fünfergeneration angemeldet.

Goethe

“Zwei Dinge sollen Kinder bekommen: Wurzeln und Flügel.” schrieb schon J.W. Goethe. Im “Flügel”, wie viele Coachs unser Nachmittagsschule nennen, versuchen wir mit einem jungen und sehr kompetenten Kollegium aus späteren Sozialarbeiter/innen, Lehrer/innen, Personalchef/innen, Betriebswirt/innen etc , dem Lernen bei der Hausaufgabenbetreuung Flügel zu verleihen und die notwendigen Wurzeln versuchen wir durch Identifikation mit der Schule über die durch diese Anfangsarbeit entstehenden personellen Netzwerke innerhalb der Jahrgänge und natürlich auch jahrgangsübergreifend wachsen zu lassen. “Stufenfeeling” ist bei uns eine wichtige Diskussions-Grundlage in der Stufenpädagogik von Klasse 5 bis 7. In Klasse 8 muss es möglichst wenig Reibungsverluste bei der Neuzusammensetzung von Klassen geben. Immerhin weiß man, dass eine angenehme Lernumgebung das A und O in Sachen erfolgreiches Lernen ist. Und Klasse 8 ist Vollpubertät. Das war früher mit hohem Pädagogischem Einsatz in Sachen Mobbing verbunden. Heute ist die Neuverteilung kein besonderes Konfliktfeld mehr, weil es in Klasse 7 schon ein Stufenfeeling gibt. Fünferhaus, Sechserstockwerk, Siebenerflur …. so versuchen wir, dieser Grundidee gerecht zu werden. Und zu Beginn: Flügel verleihen.

Grundschulempfehlung

Ob wir den Wegfall der Grundschulempfehlung denn merken, werden wir in letzten Zeit oft gefragt. Denn alle Flügelverleihlehrer/innen sind auch meist parallel in der fünften Klassen tätig, um möglichst viel Gespür für einen Jahrgang zu entwickeln. Jeder Jahrgang ist anders, so ist unsere Erfahrung. Und somit die Betreuung für jeden neuen Jahrgang eine Neuentwicklung. In diesem Jahrgang müssen wir unsere frühere Personalcoachidee, wieder aufleben lassen. Der wegfallenden Grundschulempfehlung sei Dank. Wenn nun einzelne Kinder mit schlechter Werkrealschulempfehlung bei uns angemeldet sind und einfach nirgendwo Land sehen, furchtbare Noten schon in der 5. Klasse ertragen müssen und häufig auf der Krankenstation liegen oder zu Arbeiten schon gar nicht antreten können, dann benötigt man neue Konzepte für den richtigen Umgang mit der neuen Situation. Die positive Statistik in Sachen Chancengleichheit vor Ort ausbügeln, dass die Kinder keinen Knacks für’s Leben bekommen. Ich gehe so weit, zu behaupten, dass im Moment manche Kinder gerade deshalb kein Abitur machen werden, weil ihre Eltern sie entgegen der Empfehlung der Grundschullehrer/innen auf’s Gymnasium geschickt haben. Über 50% machen heute übrigens ihr Abitur nicht am allgemeinbildenden Gymnasium. Aber das nur am Rande. Mit unserer pädagogischen “Unterstufen-Denkfabrik Flügelverleih” können wir zumindest neue Ideen entwerfen, wie wir am sinnvollsten damit umgehen lernen, einen Betreuungs-Spagat auch ohne zu viele Einbußen für die Leistungsstarken durchzuführen.

Möglichkeiten

“Ja man liest doch jetzt immer mehr von diesem individualisierten Unterricht, der auch den Klugen klüger macht. Damit geht das doch ganz einfach,” denken sich viele.

Da bricht ein knappes “Hahaha” aus jemand heraus, der seit 35 Jahren an der Schulentwicklungsbasis eines großen Landgymnasiums arbeitet. Ich denke, dass ich hier auch wirklich einmal zumindest kurz und auch laut lachen darf. Unsere Meinung: Mit dem Wegfall der Grundschulempfehlung wirft man uns ins kalte Wasser der wundervollen Vorstellung vom nachhaltigen Lernen von Kindern als “Baumeister ihrer Selbst”, wie Maria Montessori es beschrieb, kombiniert mit dem Lehrer als Coach, der meist nur Hilfestellung beim selbstständigen Lernen gibt und Kinder deshalb zauberhaft im eigenen Lerntempo lernen lässt. Da träumt man leider an der gymnasialen Realität vorbei. An den Werkrealschulen hat man in diese Richtung schon richtig viel auf den Weg gebracht. Aber diese Schulform bringt man ja gerade mit dem Wegfall der Empfehlung zum Austrocknen, weil jetzt noch weniger Schüler/innen angemeldet werden.

Der Philosoph

Der Philosoph Richard David Precht formuliert in seinem neuen Buch “Anna, die Schule und der liebe Gott” 10 überzeugende Prinzipien für eine Bildungsreform: 1. Kinder wollen lernen 2. Jedes Kind ist anders 3. Vergesst die Fächer 4. Bildet Lernteams 5. Vertieft Beziehungen 6. Fördert Werte 7. Verschönert Lernorte 8. Trainiert die Konzentration 9. Schafft die Noten ab 10. Lasst ganztägig lernen.

Ja es ist, als wäre Herr Precht auf einem unserer Flügelverleihsitzungen dabei gewesen. Für eine kleine überschaubare Entwicklungs-Ecke an einer Schule, ausgestattet mit Deputatsstunden, speziell auch zum kontinuierlichen Neu-Entwickeln und Visionen wälzen, sind solche Überlegungen tatsächlich greifbar. Aber der Flügelverleih ist wie eine kleine Privatschule in der Schule, die ohne Noten auskommt und ein Coach-zu-Schülerverhältnis von 1:5 hat. Mit unserer neu gegründeten “Akademie zum Platzenden Knoten” innerhalb des Flügelverleihprojekts “Den Bahnhof verstehen” versuchen wir sehr gezielt, individuelles Lernen auf konkrete Beine zu stellen. Aber lieber Herr Kultusminister: Wir schütteln das nicht aus dem Ärmel. Da müssen wir viel dafür tun. Und für eine ganze Schule ist das echte große Entwicklungsarbeit.

Kaltes Wasser

Zu meinen, eine ganze Schule könne man schnell zu traumhaften neuen individualisierenden Lern-Formen bringen, indem man sie mit dem Wegfall der verpflichtenden Grundschulempfehlung komplett ins kalte Wasser wirft und meint, dass jetzt bitteschön alles gut und außerdem ja jetzt die Chancengleichheit schlagartig gewachsen sei und dass man dabei gleichzeitig noch die Haushaltskonsolidierung im Auge haben darf und alles, was Zusatzangebot heißt, doch bitte gerne streichen würde, also natürlich auch Deputatsstunden für die Hausaufgabenbetreuung (Weil sie doch inzwischen an vielen Schulen eingerichtet ist und dann offensichtlich von selbst läuft), der läuft stark Gefahr, einen pädagogischen Bumerang ins Leben zu rufen, dessen erzeugte Schäden später sehr viel Geld kosten werden. Wenn ich denke, wie vielen Schüler/innen wir mit unseren Betreuungsprogrammen helfen, nicht sitzenzubleiben, dann würde ich einfach behaupten: Nehmen Sie unsere spezielle Betreuungs-Zusatzarbeit weg, dann kosten die Sitzenbleiber den Steuerzahler garantiert mehr als unsere Betreuungsdeputatsstunden. Da wette ich drum. Und wenn gute Schulkultur kaputtgespart wird, kann man sie auch nicht ein paar Jahre später einfach wieder aus der Schublade holen. Warum kommt eigentlich nicht endlich mal jemand auf die Idee, das Kultusministerium parteienübergreifend zu besetzen, damit wir aus diesem ewigen Legislaturperioden-Auf-und-Ab herauskommen könnten.

Der pädagogische Kamm

Sie merken, dass mir hier als altem Schulentwicklungsurgestein kurz vor der Pensionierung der pädagogische Kamm schwillt. Ich habe viele Bildungsreformen erlebt, ab noch nie solche, bei denen ich gedacht habe: Richtig gute Ideen, die man in Ruhe weiter verfolgen sollte, behutsam vor Ort weiterentwickeln, schöne Visionen, wenn man sich darauf vorbereiten könnte, aber gleichzeitig drehen sie den Hahnen zu, dass es leider wieder nur Stückwerk bleibt. Statt dass ein Meisterstück draus wird. Frust pur. Hilfe, was für Chancen werden hier nur verspielt. Den Flügelverleih mit all seinen prallen, bunten, zukunftsträchtigen Facetten könnte schon im nächsten Jahr mit diesen kleinen Einsparungen austrocknen. Dabei arbeiten wir möglicherweise genau nach den Vorstellungen, von denen so manche hochrangigen Bildungsplaner im Moment träumen. Aktuell hat man bei der Organisation von Schule vor Ort ein mulmiges Gefühl. Da ist ein Fisch, der heißt Pflichtunterricht. Und dann kommt jemand auf die Idee, dass das Wasser eigentlich eingespart werden könnte. Oder wie bei einem Künstler, der ein wunderbares buntes Bild in die Welt gesetzt hat und jetzt erfährt, dass er es nur in Graustufen ausstellen darf. Ach wissen Sie was. Ich höre für heute auf. Kommen Sie doch einfach später mal wieder vorbei. Und drücken Sie uns die Daumen, dass Sie nicht beim Untergang des Flügelverleihs zuschauen müssen.

Gemalt

Ich könnte zum Schluss ja vielleicht noch unsere Vorstellungen von Schullaufbahn aufmalen. Schafft die Noten ab, meint Precht. Wir meinen: Nehmt die Noten in einem gewissen Rahmen nicht so wichtig. Es kommt darauf an, was am Ende steht.

Mit dem Wegfall der Grundschulempfehlung fördert man die Möglichkeit, dass Eltern nur wegen dem Satz: “Aber mein Kind geht auf’s Gymnasium” die falsche Entscheidung treffen. So ein Fehlstart ist ein Selbstbewusstseinskiller.

Wir müssen dieses Problem jetzt trotzdem lösen, sonst lassen wir diese armen Chancengleichheitkinder auch noch im Stich. Die Politik schmückt sich mit ihnen und sie selbst leiden leise. Oder lautstark. Klar, jetzt muss eben die “Beratung” in der fünften Klasse nachgeholt werden. Die heißt nun leider auch Fünfen und gar Sechsen im Zeugnis. Dabei müsste man einfach mal klar machen, dass Gymnasium allein inzwischen kein Vorteil mehr ist, wenn 62% eines Jahrgangs wie in Freiburg, Gymnasiasten werden. Für viele gäbe es erfolgreichere Wege zum Abitur. Aber da steht noch eine langwierige Überzeugungsarbeit ins Haus unserer Gesellschaft.

Ja ist gut, ich höre ja auf. :-)

6. Februar 2013

Stellungnahme

Abgelegt unter: Gymnasialempfehlung — heinz.bayer @ 20:48

Der Umgang von Fünferhaus und Flügelverleih am Faust mit der neuen Situation, dass durch den Wegfall von der bindenden Gymnasialempfehlung auch Kinder mit Realschul- und auch mit Hauptschulempfehlung am Faust eingeschult worden sind.

Das Kultusministerium nennt es eine Vergrößerung der Chancengleichheit.
Wir nennen es eine Unverantwortlichkeit so manchen Kindern gegenüber.
Die neue Situation lässt es zu, dass das Selbstbewusstsein von z.T. völlig überforderten Zehnjährigen gegen die Wand gefahren und ein solch großer Schulfrust entstehen wird, dass die Chancengleichheit genau durch die neue Regelung abnimmt. Auf’s Gymnasium an sich zu gehen ist noch kein Qualitätsmerkmal. Sich auf dem Gymnasium mit normalen Noten aufgehoben zu fühlen ist der entscheidende Ansatz. Da heute schon über 50% der
Abiturienten ihr Reifezeugnis auf einem Weg über den Einstieg in der Realschule oder auch in der Hauptschule machen, erweist sich die scheinbare Öffnung des Gymnasiums als Bildungsfalle für manchen unserer Schüler.
Außerdem, und das ist uns wichtig zu betonen, ist die Öffnung gleichzeitig ein Kuckucksei in Sachen Begabtenförderung, die an Schulen und Gymnasien immer auch gesehen werden sollte. Begabtenförderung bedeutet im Alltag: Zeit haben, sich auch um die guten Schüler zu kümmern. In Bildung investieren heißt nicht nur, möglichst vielen Kindern möglichst breite Bildungschancen einzuräumen, sondern auch möglichst vielen bildungsstarken Kindern möglichst viel KnowHow mitzugeben. Ohne Strukturänderung an unserer Schule ist aber der Normalfall klar zu beschreiben: “Setze drei völlig überforderte Schüler/innen in eine Klasse, dann wirst du einen überproportional großen Teil deiner Unterrichtszeit für mindestens zwei dieser drei Schüler/innen aufwenden müssen. Denn überforderte junge Menschen reagieren auf die Überforderung meist nicht mit Rückzugs-, sondern mit Störungstendenzen.” Fazit: Ohne positive und grundlegend neue Schul-Konzepte ist der einfache Wegfall der Gymnasialempfehlung für das Unterrichten an Gymnasien kein Fortschritt. Nicht für die “unglücklich geschickten” Kinder und auch nicht für die “klar gymnasialen” Kinder. Ein allgemeines Absenken des Bildungsniveaus kann
nicht unser Anliegen sein. Eine Verschlechterung des Umgangstons und der
Klassengemeinschaft ebensowenig.
Unsere Antwort vor Ort:
Wir nehmen den Auftrag natürlich trotzdem ernst und lassen mit unserer
Fünferhauspädagogik des sanften Ankommens an einem achtjährigen Gymnasium in einem eigenen kleinen Gebäude den bei uns ankommenden Kindern ein halbes Jahr ruhige Entwicklungszeit. Das Fünferhausteam arbeitet in den wesentlichen Fragen zusammen. Die Klassenlehrer/innen sind von Anfang an auf Beratung und Unterstützung eingestellt. Unser spezielles schuleigenes Hausaufgabenheft 1 und 2, das unsere Fünftklässler/innen kostenlos bekommen, begleitet das erste Jahr inhaltlich und bietet auch den Eltern ein gutes Unterstützungsinstrument. Im Flügelverleih haben alle Kinder die Möglichkeit, Hausaufgaben mit qualifizierter Unterstützung durch ältere Schüler/innen zu machen. Und das an 5 Nachmittagen in der Woche.
Mit den Halbjahreszeugnissen werden auch sogenannte Arbeitshaltungszeugnisse mit einer Skala von a bis e erstellt. (a: fährt im fünften Gang, e: fährt im ersten Gang ).
Halbjahresinfo plus Arbeitshaltungszeugnisse ergeben zusammen ein gutes erprobtes Bewertungsinstrument.
Überwiegend positive Arbeitshaltung plus recht gute Noten: Grüner Bereich.
Eher verbesserungswürdige Arbeitshaltung und recht gute Noten: Noch einen “fetten Joker im Ärmel” – sollte gecoacht werden, damit sich bis zur 7. und 8. Klasse nicht zu große Lücken auftun.
Überwiegend positive Arbeitshaltung und schlechte Noten: Fährt schon jetzt am Limit, obwohl unsere fünften Klasse immer noch einen sanften Einstieg in das gymnasiale Lernen bieten. Elternberatung angesagt.
Sanfter Einstieg hat Tradition am Faust und hat sich unter den früheren
Anfangsbedingungen auch bewährt. Die neuen Fünfer waren immer gymnasialempfohlen.
Da wir in jedem Jahr einen Austausch mit unseren Grundschulkolleg/innen über die neuen Fünfer durchführen und uns immer wieder auf’s Neue abstimmen, konnten wir uns auf unsere Vorgehensweise immer gut verlassen. Das ist jetzt vollkommen anders.
Überwiegend negative Arbeitshaltung, schlechte Noten: Erst wenn man die Arbeitshaltung in den positiven Bereich kippen kann, kann man wirklich erkennen, ob ein Kind gymnasialtauglich ist oder sich nur quälen wird. Sich durch die Schule zu quälen ist für uns keine Zukunftsperspektive.
Wir laden als Antwort auf die neue Situation alle Kinder mit einer eher schlechten Arbeitshaltung zu einem zeitlich begrenzten Coaching ein, mit dem Ziel, die Arbeitshaltung massiv zu verbessern. 2012/13 heißen diese “Turbowochen” “Gipfeltour 2013″.
Wir bieten Coaching seit über 5 Jahren, werden dies aber jetzt verstärkt speziell für Klasse fünf machen.
Es gibt dazu eigene Begleithefte für Schüler/innen und auch für Eltern.
Nach Rücksprache mit den Fachlehrer/innen bieten wir eine spezielle individuelle Elternberatung an.
Ziel: Noch vor den Endzeugnissen sollte klar sein, wo es lang geht. Wenn sich bis zu den Pfingstferien trotz Fünferhaus, Begleitprogrammen und speziellem Coaching nicht abzeichnet, dass der vorgeschriebene gymnasiale Lehrplan ohne spezielle Kurse, die man anbieten könnte, ohne spezielle Klassen, die man einrichten könnte, innerhalb des normalen Klassenverbands mit 30 Schüler/innen, muss vor einem eventuellen Sitzenbleiben gleich schon in der 5. Klasse die Notbremse gezogen werden und die Realschule als 9jähriges Gymnasium den Eltern dringend und eindringlich empfohlen werden. Denn klar ist: Ein prinzipielles Scheitern auf einem 8jährigen Gymnasium wird ein späteres positives Eingliedern an einer Realschule mit späterem Abschluss mit Abitur sehr unwahrscheinlich machen. Denn mit zu viel Schulfrust und einem gebrochenem Selbstwertgefühl kann niemand so einfach an einer anderen Schule erfolgreich integriert werden. Das muss dann den Eltern unmissverständlich klar gemacht werden. Dass sie nur, um kurzzeitig sagen zu können, “mein Kind ist auf dem Gymnasium”, die Bildungschancen ihres Kindes massiv einschränken. Frei nach dem Motto für Eltern von
jungen Menschen mit Realschulempfehlung oder gar Hauptschulempfehlung: “Wenn du willst, dass dein Kind kein Abitur macht, schicke es doch einfach auf’s Gymnasium.”
Ende des Schuljahres 2012/13 wird die Entwicklung schulintern “evaluiert” und unser Handwerkzeug für die neue Situation optimiert.

Heinz Bayer und Flügelverleihteam am Faust

20. September 2009

Herzklopfen die Zweite

Abgelegt unter: Gymnasialempfehlung — heinz.bayer @ 08:14

Herzklopfen die Zweite
Morgen geht die Nachmittagsschule los. Und was haben wir uns alles vorgenommen. Wir kennen diese neuen Fünfer ja nicht. Sie sind einfach immer wieder anders.
Klar. Menschen eben. Individuen. Zukünftige Leistungsträger der Gesellschaft. Verpackt und nur für Eingeweihte jetzt schon erkennbar. Üblicherweise sagt man „Fünftklässlerinnen“ und „Fünftklässler“ zu ihnen. Fäustlinge sagt man am Faust.
Warum ein Schulmeister noch aufgeregt ist, wenn er doch schon seit 30 Jahren unterrichtet? Das ist eine Frage, die man nur stellt, wenn man noch nie vor einer Klasse mit 30 Schülern stand. Klassen sind wie individuelle Persönlichkeiten. Auch schon Fünftklässler. Wenn wir nun morgen beginnen, unsere Nachmittagsschul-Kunden zu begrüßen, dann werden wir wieder diese unglaublichen Kräfte spüren. Bei denen es darum gehen wird, ihnen die richtige Richtung zu geben.
Ohne Ziel sind Kräfte störend. Mit Ziel großartig.
Das Gesamtziel für Fäustlinge ist klar: Die Persönlichkeit erhalten, das Selbstbewusstsein stärken, den Übermut dämpfen, die Ernsthaftigkeit des Lernens begreifen, Schule als Lebensraum aufbauen, Schule leben, Beziehungen entwickeln und stabilisieren, Konflikte entschärfen, Lösungen suchen, Inhalte aufnehmen, Begeisterung spüren, Eigendynamik entwickeln, kreativer Teil einer Gruppe werden, Zuhören können, sich konzentrieren lernen, Frust positiv verarbeiten können, Aushalten lernen, dass man nicht immer im Mittelpunkt steht und und und …
damit am Ende ein junger Mensch aufrecht und selbstbewusst samt Abitur in der Tasche die Schule verlassen und auf eine Faust-Schulzeit zurückblicken kann, die sich gelohnt hat. Faust muss sich lohnen.
Deshalb Herzklopfen, vielleicht gerade, weil es Fünfer sind.
Das Spiel beginnt.
Die Ausgangssituation ist immer ziemlich gut. Immerhin kommen hier Menschen mit einer „Empfehlung“ in der Tasche. Gymnasialempfehlung. Da kommen Ex-Viertklässler ans Gymi und sind es gewöhnt, gute Noten ohne großen Einsatz zu bekommen. Doch jetzt gibt es vielleicht bald vereinzelt nur mittelmäßige Noten bei recht großem Einsatz. Immerhin sitzen plötzlich lauter junge Menschen in einer Klasse, die immer gute Noten ohne großen Einsatz bekommen haben. Auf schulisches Lernen bezogen, sitzen hier die Leistungsstärksten eines ganzen Jahrgangs auf einem Haufen.
Auch der notenschlechteste Schüler einer 5. Klasse gehört zu den Leistungsstärksten seines Jahrgangs. Aber machen Sie das mal Ihrem Sohn klar, dass er bitteschön nicht frustriert sein soll wegen einer 3 Plus, für die er zwei Stunden gelernt hat.
Sie merken: Viele von Ihnen haben hier echte Überzeugungsarbeit vor sich. Aber es lohnt sich. Denn die Fünftklassnoten sind ja alles andere als der Knackpunkt, wie am Ende zum Beispiel das Abitur ausfällt. Oder gar das Leben. Viel mehr ist es das professionelle Umgehen mit den Fünftklassnoten, auf das es ankommt.
Professionell Schüler sein, das ist ein riesiges Fass, das ich jetzt aber noch nicht aufmache.
Denn ich schweife einfach schon wieder mal ab. Eigentlich wollte ich Ihnen nur kurz mitteilen: Ich bin ganz schön aufgeregt, ob sich unsere pädagogischen Träume von der Nachmittagsschule 2009/10 in der Realität umsetzen lassen. Ob wir dem Lernen für den Großteil unserer Nachmittagsschul-Kunden Flügel verleihen können. Ob wir ihnen mit unserer Nachmittagsschule die nötige Unterstützung zukommen lassen können.
Drücken Sie uns und Ihren Kindern die Daumen.
Und übrigens: Wenn Sie Fragen zur Nachmittagsschule haben oder wenn Sie finden, dass ich in meinem Bayer’schen Nachmittagsschultagebuch ein bestimmtes Thema ansprechen sollte. Mailen Sie mir doch einfach.
Mit einem freundlichen Schulmeistergruß.
heinz.bayer@fgst.de

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