Flügelverleih meets Hattie

19. Juni 2010

WM und Schule

Abgelegt unter: Pädagogik, WM — heinz.bayer @ 09:10

Fußballzeit. Auch im Flügelverleih kam sie am Freitag an. WM Spiel gegen Serbien. „Was, kein Nachmittagsunterricht wegen einem Fußballspiel? Dafür „school viewing“ in der Aula? Wo gibt es denn so was?“ werden sich vielleicht manche Eltern gefragt haben. Auch der Flügelverleih hatte die Möglichkeit genutzt. Nur ein einziges Mädchen hatte keine Lust auf Fußball und arbeitete dafür 2 ½ Stunden lang konzentriert mit Spezialbetreuung. Auch nicht schlecht. Finden wir. Die anderen also public viewing. Gemeinschaftsgefühl. Eine Aula voll mit schwarz-rot-gold geschmückten jungen Menschen. Die wie von Geisterhand beim Ertönen der Nationalhymne aufstanden und mitsangen. Veränderte Zeiten. Die letzte WM hat einfach neue Ansichten geschaffen. Wir sind eine Partnerschule des Sports. Wir setzen auf Identifikation mit der Schule. Deshalb gab es diesen Beschluss. Lieber die Freitagnachmittagsklassen zufrieden in der Aula und die Arbeitsblätter zu Hause, wenn es beim Stoff eng wurde, als zu vielen Entschuldigungen wegen Bauchweh, Schwindel und Übelkeit oder dem einfachen Stemmen nachzugehen. Die Stimmung war großartig. Nur hatte das entsprechende Ergebnis gefehlt. Am lautstarken Mitgehen des Faust-Publikums kann es nicht gelegen haben.

Fußball kann man übrigens immer gut mit dem Wirken in der Schule selbst vergleichen. Das Training ist das A & O. Das erfolgreiche Umsetzen im Spiel ist neben der eigentlichen Professionalität von vielen Zufälligkeiten geprägt. Und von Einstellungen. Und vom Selbstbewusstsein. Der mentale Anteil ist auch in der Schule sehr wesentlich. Bevor ich Ihnen in diesem Zusammenhang von der “Ätzwand” erzähle, leite ich Sie einfach auf den Blog für Versetzungsgefährdete weiter, da habe ich diese Visualisierung gerade hochgeladen. Die Reflexion über die Ätzwand ist aus meiner Spezial-Betreuungserfahrung für manchen Schüler eine gute Methode, seine kleinen Schulprobleme zu überwinden. Die Zentrale sitzt einfach im Kopf. Einen Versuch ist es immer wert.

4. Juni 2010

16 und 64 – ein Vergleich

Abgelegt unter: Pädagogik — heinz.bayer @ 20:16

Schon irgendwo gelesen? Die 64jährigen und die 16jährigen haben Gleichstand erreicht. Und dann geht die Schere kontinuierlich auseinander. Was das mit dem Flügelverleih zu tun hat? Und mit der Schule? Na ja. Auf was soll Schule vorbereiten? Auf ein Umfeld in Deutschland, in der Fachleute immer mehr gefragt sein werden, weil die Jugend rar wird. (Außer man wandert nach Indien aus) Die Anforderungen werden allerdings nicht abnehmen, sondern eher zunehmen. Soll heißen: Wer bereit ist, seine Fähigkeiten zu schulen, der wird später beruflich keine Probleme haben, wenn er auf den Arbeitsmarkt schaut, bevor er anfängt, eine Ausbildung oder ein Studium zu machen. Die Schulnoten werden noch mehr als heute nebensächlich werden. Dafür die Eigenmotivationsfähigkeit und das Sich-durchbeißen-können umso wichtiger. Das muss Ihre Tochter oder Ihr Sohn aber selbst lernen. Wenn sie oder er diese Fähigkeit noch nicht hat. Man bekommt sie nur, wenn man auch gefordert wird. Neben dem Fördern. Wenn man nicht zu viel abgenommen bekommt. Deshalb: Nicht so sehr Angst haben, dass bei schlechteren Noten die spätere berufliche Zukunft ein Problem sein könnte. Lieber Angst haben, dass die Eigenmotivationsfähigkeit sich nicht gut entwickelt und auch später verkümmert bleibt. Das wäre viel schlimmer. Denn genau auf die kommt es nach der Schule an.

13. Mai 2010

Konfuzius

Abgelegt unter: Flügelverleih, Pädagogik — heinz.bayer @ 22:45

Letzte Woche waren Tabu-Karten dran. B-Woche. Unser Produkt-Designer im Team hatte das Kommando. Tabu-Karten selbstgemacht. Illner 2010. Thema Mathematik. Und tatsächlich. Am Ende der Woche: Ein komplettes Spiel mit 52 Karten fertig. Gratulation. Die Flügelverleihmenschen sind einfach sehr kreativ. Die Karten wurden natürlich gleich am Laptop bearbeitet und werden jetzt in eine Online Druckerei geschickt. Der Flügelverleih lebt klar in der Neuzeit. Diese Woche war C-Woche. Witzige Körper-Koordinationsspiele standen auf dem Programm. Da hängte sich so manches Gehirn auf, wenn man diese kniffligen Körperbewegungen nachmachen wollte. Also meines zumindest, musste ich feststellen. Frau Schmitz hatte den Wochen-Input mitgebracht. Die Kids waren da natürlich gehirn- und koordinationsmäßig wesentlich lockerer drauf als ich. Gut so. Aus denen muss ja noch was werden.

Was mich diese Woche bewegt hat, fragen Sie? Na ich gestehe. Diese 750 Milliarden spielen schon eine echte gedankliche Rolle, wenn ich so am Unterrichten und Betreuen bin. Da hüpfen z.B. völlig pfiffige und schlaue Fünft- und Sechstklässler im Flügelverleih herum und ich denke mir, dass da vielleicht zukünftige Finanzexperten darunter sein könnten, die in 20 Jahren, wenn ich tattrig meinen SPIEGEL lese, Statements abgeben könnten, die wirklich Hand und Fuß haben. Wäre das doch wunderbar, wenn wir in 20 Jahren sagen könnten, dass wir unsere besten Köpfe auch genügend fit gemacht hätten. Dass wir eine Lösung gefunden hätten,  mit der man speziell auch die Jungs davon überzeugen könnte, dass sie sich die Pubertät nicht so heftig schon in der 6. Klasse nehmen. Sondern nur kurz und heftig in den Sommerferien zwischen der 9. und 10. Klasse, Rechtzeitig bevor es dann in die Kursstufe geht. Und dann ging mir diese riesige Verschuldung der Amerikaner bei den Chinesen durch den Kopf. Die sich dabei irgendwie gar keinen Kopf zu machen scheinen. Also die Amis. Nicht die Chinesen. Die denken sich sicher einiges dabei. Das bekommt selbst das Faust schon zu spüren, mit welcher Kraft die Chinesen diesen Planeten vernetzen. Wir bekommen einen Konfuzius Raum eingerichtet. Von den Chinesen finanziert. Sie lachen? Stimmt aber. Weil man am Faust jetzt auch Chinesisch Abitur machen kann. Im Südbadischen. Also ein Konfuziusraum gesponsert von so einer Gesellschaft wie dem Goethe-Institut. Nur eben in chinesischer Ausführung. Schön für uns? Irgendwie schon, aber ob ich das in 10 Jahren auch noch sage, weiß ich tatsächlich nicht wirklich. Dabei bin ich ja echter Konfuzius Fan, wenn es um solche Aussprüche von ihm geht wie „Wer nicht begeisterungsfähig ist, den unterrichte ich nicht.“ Der Wahnsinns Spruch für einen modernen Schulmeister.

Sag das heute mal einer von uns Lehrmeistern zu Eltern. „Also, ich unterrichte Ihren Sohn so lange nicht mehr, bis sie ihn mir begeisterungsfähig vorbeischicken.“ Da wären die Klassen ganz schön leer.

Dabei muss uns eines klar sein. Wer die jungen Chinesen erlebt, die jedes Jahr zum Beispiel zu uns im Schüleraustausch ans Faust kommen, der versteht, warum es genügend kluge Menschen gibt, die eine klare Verschiebung der Weltzentren voraussagen. Diese jungen Chinesen, die wir immer wieder kennenlernen, sind echt bildungshungrig. Eine derzeitig kaum vorstellbare Situation für Mitteleuropa. Eine größere Jungpopulation von Bildungshungrigen. „Mama, ich finde Bildung das Tollste. Ich bin echt hungrig drauf.“ Da schickt doch jede Mama ihren Sohn zum Arzt, weil sie meint, er wäre richtig schwer krank. Dabei sollten wir tatsächlich nach einem eigenen Weg suchen, der auch unsere Kids irgendwie bildungshungriger macht. Auch wegen uns. Denn Sie wissen ja, in 20 Jahren, wenn wir vielleicht eine neue Karriere als Schwellenland machen, dann wäre es gut, wir hätten so ein paar richtig kluge Köpfe, die sich ihre Pubertät in den Sommerferien zwischen der 9. und 10. Klasse genommen hätten und in 20 Jahren die richtigen Antworten und Ideen hätten.

Wir arbeiten dran. Vorschläge nehmen wir dankend entgegen.

Ich muss noch schnell eine kleine Geschichte draufsatteln, die ich in dieser Woche in zwei Vertretungsstunden erzählt habe. Im letzten Jahr hatten wir mal wieder alle Versetzungsgefährdeten aus Klasse 7 und 8 eingeladen. Frau Hirth, Frau Geismann und ich. „Lieber ein Jahr nach Amerika als ein Jahr wiederholen“, war unser Motto. Ein Mädchen hatten wir fälschlicherweise auf die Liste gesetzt. 8. Klasse. War im Jahr zuvor in der 7. Klasse noch böse versetzungsgefährdet gewesen. Hatte gestreckt und gefragt, warum sie eingeladen worden wäre, sie hätte keine so schlechten Noten. Als wir die Liste nachgesehen hatten, blieb uns fast die Luft weg. Aus hauptsächlich Vierern und einem Fünfer in Klasse 7 hatten sich die Noten fast halbiert. Großteil zwei, keine einzige Vier. Zweimal die Eins. Sensationell, fanden wir. Wir waren bei der Einladung in der Zeile verrutscht. „Erzähl doch bitte jetzt mal den anderen, was bei dir passiert ist, dass sich deine Noten so unglaublich verändert haben. Innerhalb von einem Jahr?“ bat Frau Hirth. „Das Mädchen lachte ganz frei und meinte sehr knapp und überzeugend: „ Ich passe jetzt einfach auf. Tolles Gefühl übrigens.“ Verrückte Geschichte. Nur haben wir noch nicht herausgefunden, wie wir dieses schlichte Konfuzius-Story für eine größere Schülerpopulation hinbekommen könnten. :-)

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