Flügelverleih meets Hattie

27. Januar 2012

Schätze heben

Abgelegt unter: Arbeitshaltung — heinz.bayer @ 20:36

Ich muss da noch einen Nachtrag zum letzten Blogbeitrag machen. Es ging um Blockaden lösen, Mauern einreißen, Schätze heben, Schalter umlegen, sich vorne auf die Welle stellen, vom Standstreifen auf die Überholspur wechseln, den Drachen zähmen. Von Jump & Win, Break & go und wollen wollen. Und es ist alles dieselbe Symbolik, die ich immer verwende, wenn ich von Schulproblemen erzähle. Wenn ich Schüler berate. Man vergisst bei solchen Beschreibungen übrigens schnell, dass die allermeisten Schüler Schule sehr solide und ohne wirkliche Probleme meistern. Auch wenn Eltern viel zu oft das Gegenteil meinen. Logisch, die Angst vor Versagen schwingt eben bei Eltern immer unterschwellig mit. Das sollte man sich immer wieder klarmachen. Die Beratung für Schüler/innen, die Schule gut machen, lautet: „Weiter so. Bitte. Kurs halten.“ Sonst ist Beratung komplexer. Es geht bei Schulproblemen ja meist nicht um Intelligenzprobleme, sondern um Einstellungsprobleme zum Lernen. Um Arbeitshaltungsprobleme. Um Konzentrationsprobleme. Seit vielen Jahren mache ich Arbeitshaltungszeugnisse für meine Schüler in den Anfangsklassen. Dann vergleiche ich immer wieder die Abitursnoten mit diesen Selbstläuferzeugnissen der 5. und 6. Klasse. Die Korrelation der beiden Zeugnisse ist für mich frappierend. Ganz platt ausgedrückt: Gute Arbeitshaltung in der Fünften. Gutes Abi. Schlechte Arbeitshaltung in der Fünften – schlechtes Abi oder früher die Schule gewechselt. Mit allen Facetten zwischendrin. Klar. Bis auf die Schüler, die es geschafft haben, möglichst früh von einer schlechten auf eine gute Arbeitshaltung zu wechseln. Dann passieren die Sprünge. Dann passieren unglaubliche Prozesse an Leistungssteigerung. Mit Nachhilfe gibt es diese Sprünge nicht. Nachhilfe ist mühsam. Nur mit dem Ändern der Blickrichtung auf Lernprozesse sind Leistungssteigerungen großartig. Ein reiner Kopfprozess. Klar kann das nicht jeder Schüler. Es gibt am Faust keine Garantie, dass unsere Einzelberatung an der Schule durchschlagend ist. Aber es ist für mich immer wieder umwerfend, einzelnen Schülern beim Mauern einwerfen zuzuschauen. Beim Selbstläufer werden in Sachen Schule. Wenn es dann erst nach der Pubertät in der Kursstufe passiert, dann ist es  immer noch ein wundervolles Schauspiel für einen Lehrer. Auch wenn man weiß, wie viel mehr der junge Mann oder die junge Frau hätte leisten können, wenn die Jahre des Minimalkompetenzzuwachses nicht so viele gewesen wären. Alle, die von Anfang an ihren Schul-Kopf auf “vorne auf der Welle” eichen konnten und das ist natürlich die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler, nur redet man über die so selten, die haben einfach Lebensglück gehabt. Stressfrei und mit recht geringem Gesamtaufwand im Vergleich zu notenproblematischen Schülern Schule zu machen, das ist Lebensglück. Auch wenn man das oft erst nach der Schule merkt. Wenn überhaupt.

Was ich allen Eltern damit sagen will: Genießen Sie es täglich, wenn Ihre Tochter oder Ihr Sohn Schule fröhlich und zufrieden macht. Aber geben Sie nie auf, zu vertrauen, wenn Ihre Tochter oder Ihr Sohn kein lockerer Schulprofi ist. Das kann sich jederzeit von heute auf morgen ändern. Und wenn es sich erst spät ändert, dann ist der einzig Leidtragende eigentlich Ihr Sohn oder Ihre Tochter selbst. Und dieses Leiden in der Schule hat bei vielen Menschen am Ende zumindest einen großen Vorteil: Man lebt, mit Problemen umzugehen. Und irgendwann muss man das lernen. Lassen Sie die Schule Ihrer Kinder nicht zu sehr an sich selbst herankommen, Sie tun Ihrem Kind keinen Gefallen damit. Und sich selbst erst recht nicht. Fünfte und sechste Klasse, da dürfen Sie noch ein wenig Hilfestellung geben, ab der siebten müssen Sie lernen, zuzuschauen und zu vertrauen. Wertvolle Tipps kann man dann nur noch ganz dezent weitergeben.

Irgendwie finde ich heute kein richtiges Ende. Habe mich treiben lassen. Deshalb höre ich hier einfach auf.

21. Januar 2012

Männergespräche

Abgelegt unter: Männergespräche — heinz.bayer @ 12:10

Ja, wir betreuenden Kolleginnen und Kollegen des Flügelverleihs führen sie häufig: Männergespräche. Es sind oft eigenartige Prozesse, die in unseren Köpfen in jungen Jahren stattfinden und uns vom Hausaufgaben machen abhalten. Ich schildere einmal ein Fallbeispiel.

Nennen wir ihn Max. Max hat in Deutsch eine etwas größere Hausaufgabe auf. Ein Interview mit einem Schriftsteller erfinden. Eine DIN A4 Seite. Und dann noch ein Arbeitsblatt ausfüllen. Unser Max sitzt vor der Aufgabe. Lässt sich im Zimmer zu sehr davon ablenken, dass kleine Späßchen von der eigentlichen Aufgabe gut verdecken können. Das bedeutet für uns: Einzelbetreuung. Und wenn es im Zimmer nicht geht, im Vorraum. So ist es auch bei Max. Ein Coach, der geduldig immer wieder mit Engelszungen versucht, Max zu mehr als zu den zwei Zeilen zu bewegen, die nach zwanzig Minuten auf dem Blatt stehen. Männergespräch angesagt. Weg von der Aufgabe. Hin zu der Frage: Was passiert im Moment? Warum ist das Ziel, mit der Aufgabe schnell fertig zu sein, nicht Anreiz genug? “Weiß nicht,” meint Max. “Danach muss ich ja noch Arbeitsblätter machen und da hab ich gar keine Lust drauf.” Doppelblockade. “Glaubst du denn, dass dein Kopf etwas ausspucken könnte, wenn du ihm freien Lauf geben könntest.” – “Kann gut sein”, meint Max, der eigentlich ein guter Schüler sein könnte, wenn er es zulassen würde. “Also Max. Du setzt dich jetzt genau 8 Minuten dort hinten an den Tisch. Ganz allein. Und stellst deinem Kopf die schwierige Aufgabe, 8 Minuten nicht zu blockieren.” – Max willigt ein. Irgendwie ist durch das Männergspräch die Blockade ins Abseits gerückt und der Reiz der 8 Minuten samt einer eigenen Bühne der Darstellung hat die alte Szene abgelöst. Nach 8 Minuten ist das Blatt vollgeschrieben. Und auch noch recht schön geschrieben. Und noch einmal Männergespräch. “Und jetzt, was ist passiert?” – Max meint erleichtert: “Mein Kopf konnte die Blockade einfach aufgeben. Ich müsste das öfters hinbekommen.” Ja, das wäre wunderbar für Max.

Man darf gespannt sein. Wir drücken Max die Daumen.

13. Januar 2012

Flügelverleih im vierten Jahr

Abgelegt unter: Flügelverleih — heinz.bayer @ 16:35

Ok. Ich blogge also  wieder in Sachen Nachmittagsschule. Wir schreiben das vierte Jahr Flügelverleih. Ich beginne mit diesem Blog, Bilanz zu ziehen. Ich denke, dass wir einen recht erfolgreichen Ansatz gefunden haben. Unsere traditionellen Fähigkeiten an der Schule, Jugendlichen hohe Selbstständigkeit zuzutrauen, kommt hier voll zum Tragen. Vor gut zehn Jahren waren wir Expo 2000 Projekt. Titel “Schülerschule”. Damals ging es um außerunterrichtliche Themen. Damals ging es um Rockcafé, OpenAir, Tonstudio und Solare Zellen. Jahrbuch, Weihnachtsbasar und um 3 % hochaktive Schüler/innen eines Jahrgangs, die mit den 10 % ihres eigenen Umfelds einer Schule ein ganz eigenes Aussehen geben können. Die die Schule verändern können. Den Fachleute der Zukunft schon an der Schule eine ernsthafte Bühne schaffen. Das war und ist das Erfolgsrezept. Open Air und Kultcafé, wie heute das Rockcafé heißt, gibt es immer noch. Neue außerunterrichtliche Bereiche sind dazu gekommen. Andere sind verschwunden. Teams kommen und gehen oft mit den Menschen, die dann am Ende bei uns ihr Abitur machen. In den Zertifikaten für unsere Coach stehen folgende Sätze. Sie kennzeichnen unser pädagogisches Prinzip:

DIE ZENTRALEN AUSSAGEN DES KONZEPTS DER FAUSTEAMS

Studioteam, Podcastteam, Programmierteam, Schülerbüro-Team, Patenteams, Aktionsteams, OpenAirTeam, Sprecherteams, Lerncoachteam, SMV-Aktive … sind aktuelle eigenständige Schülerteams am Faust-Gymnasium innerhalb des Gesamtkonzepts „fausteams“. Sie bauen auf Eigeninitiative, Eigenverantwortung und die speziellen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, die momentan auf der Schule sind.

„3% eines Jahrgangs sind innerhalb der Schule hochaktiv, wenn man ihnen eigenverantwortlich die Möglichkeit dazu gibt. Mit dem persönlichen Umfeld werden daraus 10% Aktive. Und 10% Aktive können das Bild einer Schule wesentlich verändern, wenn man dies zulässt.“ So unsere zentralen Konzeptaussagen, die im Rahmen des anerkannten dezentralen EXPO2000 Projekts „Schülerschule“ veröffentlicht wurden. Sie gelten immer noch.

…. gehörte als Lerncoach zum Kreis der Aktiven am Faust.

Etwa 70 Lerncoachs arbeiten z.Z.. am Faust-Gymnasium in der faustspezifischen Nachmittagsschule, genannt Flügelverleih, bei der Hausaufgabenbetreuung und bei den Zusatzangeboten. „Dem Lernen Flügel verleihen“ lautet das Motto.

Die Idee: Die zukünftigen Sozialarbeiter/innen, Lehrer/innen, Ausbildner/innen, Professor/innen etc. mit ihren Fähigkeiten schon früh in die Schule einzubinden. Zum Vorteil beider Seiten. Der Erfolg gibt uns recht. Wir haben am Faust-Gymnasium ein exklusives, zusätzliches, junges Schülerkollegium, das mit eigenen Arbeitsverträgen und mindestens 3 pädagogischen Tagen im Jahr hochwertige Arbeit macht.

Im Juli 2011 wurde die Arbeit der jungen Kolleg/innen mit dem Bürgerpreis2011 gewürdigt. (siehe Rückseite) ……….. gehörte zu diesem Kollegium.

Ohne aktive Schüler wie …….. wäre das Konzept des Flügelverleihs nicht umsetzbar.

6. Januar 2012

2012

Abgelegt unter: Hausaufgabenheft — heinz.bayer @ 20:10

Liebe Leserinnen, liebe Leser

2012 wird dieser Blog wieder das werden, was er am Anfang war. Ein Tagebuch für ein pädagogisches Projekt am Faust-Gymnasium  Staufen. Nicht mehr so regelmäßig. Nicht mehr wöchentlich. Nur wenn es was Neues zu erzählen gibt. Das Hausaufgabenbuch wird wöchentlich unter www.vorne-auf-der welle.de begleitet. Aber auf “4 Kanälen” wie bisher ist einfach zuviel.

Das zweite Hausaufgabenbuch für das zweite Halbjahr Klasse 5 wird übrigens in Kürze erscheinen. www.vinclair-verlag.de

2. Januar 2012

Wünsche ein wundervolles …

Abgelegt unter: Pädagogisches — heinz.bayer @ 20:23

… und lebenspralles Jahr.

Ansonsten ist im Moment Blogpause.

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