Wer hier zum ersten Mal liest, sollte sich für diese Thematik die letzten beiden Blogs zu Gemüte führen. Ich versuche gerade aus der Sicht eines Abteilungsleiters, der mit dafür verantwortlich zeichnen musste, ob man G8 in der Praxis sinnvoll und unaufgeregt umsetzen konnte, einen knappen Abriss der letzten 8 Jahre unserer speziellen Faustkonzepte zu geben. Die unter anderem genau deshalb entwickelt wurden, um G8 erfolgreich zu machen. Erfolgreich oder nicht, das kann man an zwei Parametern ablesen: Erstens: Ist das Abitur von den G8 und G9 Schüler/innen vergleichbar oder sind die G9 Abiturient/innen erfolgreicher. Zweitens: Nehmen die G9er ein besseres Kindheits- und Jugend-Lebensgefühl mit aus der Schule - trotz mehr Nachmittagsunterricht – oder wird den G8ern tatsächlich ein Stück Kindheit gestohlen.
In den Anfangsjahren haben wir dazu noch eigene Elternbeiratssitzungen für die G8 Eltern gemacht, weil die Ängste dieser Elternschaft doch eine vollkommen andere war als die der G9 Eltern. Was man ja auch verstehen kann.
Nach etwa 4 Jahren trat Ruhe ein. G8 war zum Normalfall geworden. Die befürchteten Einbrüche, Belastungen etc hielten sich in Grenzen. G9 wuchs sich langsam aus. Der prozentuale Zulauf zum Gymnasium nahm ja auch verrückter Weise noch zu, obwohl am Anfang viel davon geredet wurde, dass viele Eltern ihre Kinder dann trotz Gymnasialempfehlung doch lieber auf der Realschule anmelden würden, um ihnen „ihre Kindheit zu erhalten“.
Die Aufregung kam erst wieder, als der Doppeljahrgang vor eineinhalb Jahren ins Haus stand. G8 und G9 zusammen Abitur. Deshalb: Auch hier wieder gemeinsame Sitzungen, Austausch, Kommunikation. G8 und G9 in gemeinsamen Kursen. Fazit: Der Unterschied ist nicht wirklich spürbar. Die Noten werden sich ähneln. G8 am Faust ist für uns ohne größere Aufregung über die Bühne gegangen. Allerdings haben wir auch viele Zusatzkonzepte eingesetzt, die sicher eine wesentliche Rolle gespielt haben.
Aufnahme der Fünfer.
Schon zu Beginn von G8 wurde die Fünferproblematik als sehr wichtige Frage angenommen. Fünfklasslehrer/innen Teams wurden Grundlage, G8 „sanft“ anzugehen.
Inzwischen fahren wir den Beginn mit einem eigenen Fünferhaus und einer eigenen Fünferhauspädagogik.
Hausaufgabenbetreuung gibt es am Faust schon kurz nach der Einführung von G8. Der Bedarf war da, die Idee dahinter war ein Coachssystem aus aktiven Schüler/innen, die ab 5 Schüleranmeldungen Hausaufgabenbetreung anboten. 1 Coach 5 Schüler/innen – bezahlt von den Eltern. Das nahm Druck aus den Folgen von G8 für Eltern, die Angst hatten, selbst nicht mehr genügend unterstützen zu können. Seit alle Gymnasien Hausaufgabenbetreuung anbieten müssen, haben wir unsere reines Schülercoachsystem pädagogisch zu einem erfolgreichen Gesamtkonzept „aufgemöbelt“. Flügelverleih am Faust. Die Nachmittagsschule. In diesem Jahr für 90 Schüler/innen und Schüler. Zum großen Teil Fünftklässler/innen, die von einem Team von 70 Coachs, 6 Lehrer/innen und einer Sozialpädagogin betreut werden. Teil des Konzepts ist die Betreuung der Coachs. Eine neue Form der Identifikation mit Schule. Die Coachs, die nicht nur aus den notenbesten Schülern besteht, sondern aus jungen Menschen, die sich für diese Arbeit beworben haben und in einem Rahmen bezahlt werden, als würden sie Nachhilfe geben, zeigen in ihrem eigenen Schul-Alltag sehr wesentlich positive Veränderungen, denn wer einmal in der Woche als Lehrer/in arbeitet, versteht das komplexe Konstrukt Schule auch für sich selbst ganz anders. Allein die Nachmittagsschule bindet somit im Moment 90 Schüler/innen aus Klasse 5 bis 7 als Betreute und 70 Schüler/innen aus Klasse 9 bis 13 in eine komplexe Struktur ein, die enorm zur Beruhigung der Konfliktlandschaft Schule beiträgt und in allen Klassen zwangsläufig Spuren hinterlässt. Da die Coachs in etwa fünf eigenen pädagogischen Abenden für ihre Arbeit geschult werden, haben wir in der Nachmittagsschule ein recht kompetentes Jungkollegium, das schon im 3. Jahr eigene Beurteilungen für ihre betreuten Schüler/innen schreibt.
Auch unsere eigene Angst, dass wir mit G8 nicht mehr genügend Nachwuchs für die Coachs bekommen könnten, hat sich als unnötig erwiesen. Inzwischen sind ja alle Coachs entweder G8 oder Kursstufe.
Fortsetzung folgt