Als Studiendirektor für Schulentwicklung, Gesellschaftswissenschaften und neue Medien, Leiter der Nachmittagsschule am Faust-Gymnasium Staufen, Mathematik- und Physiklehrer, Unterstufenberater, Tonstudiobetreiber, Großvater und als einer, der fast ein Vierteljahrhundert Vertrauenslehrer am Faust war und begeisterter pädagogischer Blogger ist, darf man das. Finde ich. Schulsysteme einmal neu träumen. Als einer, der von seiner eigenen Schule viele real existierende Facetten beschreiben kann, die einfach schon so funktionieren, wie er sich eine neu geträumten Schule vorstellt. Ich träume mir hier im Blog einmal ein Schulsystem zusammen, das zum einen (großen) Teil aus der normalen Realität besteht, ich will ja keine Illusionen träumen, zu einem weiteren (großen) Teil aus einem speziellen Menschenbild, das aus der existierenden Realität von Schulsystem ein Vielfaches herauszuholen vermag und dann werde ich ein paar Neuerungen dazuträumen, die gar nicht viel kosten würden, aber die sicher für die handelsübliche Schulentwicklungsdebatte so ungewöhnlich erscheint, dass ich sie mir zwar träumen kann, aber es sicher zwei, drei Generationen dauern wird, bis man begreift, dass ich vollkommen richtig liege.
Für die Flügelverleihleser/innen, also hauptsächlich für die Eltern und Lehrer/innen, soll es als Idee dienen, aus der real existierenden Schule, die man einfach nicht so auf die Schnelle umwandeln kann, das Beste herauszuholen. Hier hilft das Menschenbild meiner Traumschule. Für die mitlesenden Schüler/innen vom Männerrevolteblog (Ich schalte alle meine Blogs für eine kurze Zeit zusammen) ist es ebenfalls das Menschenbild, das helfen kann, die Einstellung zur Schule, zu den Lehrer/innen und zum eigenen Lernprozess so zu verändern, dass Schule einfach runder läuft und das hochspannende Leben in dieser Zeit dadurch besser genossen werden kann. Und nicht durch unnötige Nachhilfestunden, Frustperioden, Familienkrisen und Ängste beeinträchtigt wird.
Für die mitlesenden Großeltern im Opakoffer-Blog ist es sicher die eigene Erfahrung und die Distanz, die man mit der nötigen Hilfestellung viel besser einbringen kann, wenn es um Enkel/innen-Probleme geht. Da Opas und Omas heutzutage viel öfter eine zentrale Bedeutung bekommen haben, da mancher Opa für so manchen Schüler die einzige immer verfügbare männliche Bezugsperson geworden ist, sollten speziell die wichtigen Omas und Opas ihre Rolle überdenken können und im Griff haben und nicht nur das alte „Verwöhnen-ist-toll-denn-erziehen-müssen-ja-jetzt-die-Eltern“ Schema durchspielen.
Für mitlesende Schulentwickler/innen, Direktoren, Politiker oder Kultusministeriumsfachleute könnte dieser Teil meines Blogs in Zeiten, in denen eine neue Landesregierung in Baden-Württemberg so große Sätze wie „Wir hören jetzt auch auf die Basis“ ganz locker aussprechen, einfach Denkanstöße bilden. Realisierbare. Finanzierbare. Allerdings auch Ungewöhnliche.
Ok, ich fange einmal ganz am Anfang an.
Da kommt also ein Mensch auf die Welt und oft denken heute manche Eltern schon nach ein paar Wochen darüber nach, ob es denn vielleicht richtig wäre, wegen der frühen sprachlichen Aufnahmefähigkeit, einen Sprachkurs für Babys anzusteuern. Zwischen Babysprachkursen und Babyschwimmen gibt es inzwischen eine enorme Vielzahl von Angeboten, die auch breit genutzt werden. Warum? Ganz klar: Weil man es einfach gut machen will. Wer diesen Blog liest, gehört zu den Menschen, die sich über Erziehung Gedanken machen und sie können nachvollziehen, was dahinter steckt, dass solche Babyworkshopangebote breit angenommen werden. In erster Linie will man seinem Kind natürlich Gutes tun. Und damit sich selbst. Ob man das auch tut, ist eine andere Sache. Ich würde aus der Sicht eines Gymnasiallehrers nicht wagen, eine Wertung ins Spiel zu bringen. Denn ich habe Schüler erlebt, die extrem gefördert wurden und eine glückliche Schulzeit verbracht haben und auch Schüler, die extrem gefördert wurden, denen die extreme Frühförderung offensichtlich mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat. Erziehung ist so individuell, dass ich dazu nur ein Bildchen beisteuern will, das ich dafür gemalt habe.
Eines ist klar: Unterforderung und Überforderung sind beides keine guten Wegbegleiter für junge Menschen in der Entwicklung. Nur: Unter- und Überforderung sind sehr individuelle Begriffe und jede Mutter und jeder Vater muss hier ganz alleine die Verantwortung tragen, wo sie das Langzeit-Optimum vermuten. Denn machen wir uns nichts vor. Fast alle Prozent der Eltern denken schon in den ersten Monaten ganz natürlich insgeheim und oft unterbewusst an die spätere Schulzeit. An die Frage Gymnasium oder Realschule, Studium oder Lehre, beruflicher Erfolg, Glück, Zufriedenheit, stabile Beziehungen usw. usw.
So alles in einem. Eine Traumvorstellung eben. Denn so ein Baby ist ja noch ohne Makel. In ein Baby kann man noch jegliche Zukunft hineinträumen. Gegen das Hineinträumen ist ja auch nichts einzuwenden. Gegen Überforderung schon. Gegen Unterforderung übrigens ebenfalls, wenn ich das aus der Sicht eines Gymnasiallehrers schon jetzt einmal anmerken darf. Aber darüber später noch viel mehr.
Für die Leser/innen des Opakoffers – Mütter und Väter kleiner Kinder – sei hier auch noch einmal auf das Onkel Otto Prinzip verwiesen. Denn sie können es noch vollständig anwenden. Es relativiert vielleicht die Ängste, die einen als Jungeltern plagen, dass man nicht alles tut, um am Ende ein erfolgreiches Kind ins Gymnasium schicken zu können. Denn was nützt der größte Einsatz für die Prinzessin oder den Prinzen in den ersten Jahren, wenn man dabei als Eltern die eigene Beziehung so vernachlässigt hat, dass man sich deshalb nach ein paar Jahren wieder trennen muss. Da hilft dem Prinzen nämlich aus der Sicht eines Gymnasiallehrers leider auch kein früherer aufwändiger Babysprachkurs.