Jetzt wäre es an der Zeit, dass man jedem Schüler einen kleinen Assistenten an die Hand geben sollte, der ihn nach Haus begleitet, damit in den Familien mit den Halbjahreinformationen professionell umgegangen wird. Dazu würde gehören, dass der Assistent, bevor Eltern das Halbjahreszeugnis ansehen, erst einmal die Bedeutung der Halbjahresinformationen erklären. Erklären, dass es Wegweiser sind, keine Noten.
Eine 2/3 eine klare Aufforderung: „Nicht aufgeben, dann steht am Ende des Schuljahres die 2.“
Oder 3+: „Dieses Befriedigend hat einen Hauch von 2. Also bloß nicht aufgeben. Auch nächstes Jahr ist Zeit, vielleicht die Zwei zu erreichen. Aber die Drei gehört natürlich zu den Noten im grünen Bereich. Damit kann man auch bis zum Abitur stressfrei wandeln. Eine Drei gilt es unbedingt zu halten.“
3 – 4 meint : „Komm’ bitte raus aus der Gefahrenzone. Arbeite dich hinein in den grünen Bereich. Bloß nicht meinen, da wäre die Fünf ja noch in weiter Ferne.“ Speziell in den unteren Klassen werden die Noten noch sehr sanft vergeben. Sonst wäre der Schock, den Schüler bekommen, die in der Grundschule Gute-Noten-verwöhnt waren, zu groß. 3-4 in der 5. Klasse heißt deshalb: Aufpassen, nachlegen, genau hinsehen, woher diese Note kommt. Flügelverleihbesucher können auch das Flügelverleihzeugnis zu Rate ziehen, ob man dort Hinweise im Arbeitsverhalten findet. Und dann: Dran arbeiten, nicht den Kopf in den Sand und sich trösten, dass 3 – 4 ja noch weit weg von der 5 ist. 3 – 4 bedeutet in der 5. Klasse einfach schon zuviel Löcher. Grundlagenlöcher. Die man sonst später stopfen muss, um erfolgreich und ohne zuviel Druck arbeiten zu können.
2, 1 – 2, 1 heißt: „Na klar: Einfach freuen. Logisch. Auch wenn Noten niemals den wirklichen Leistungsstand angeben können, weil der nicht messbar ist. Die satt grünen Noten sind Balsam für die Seele und für’s Selbstbewusstsein. Also her damit.“
Der Assistent würde den Notenempfängern samt Eltern auch klar signalisieren: Nicht so prickelnde Noten sind kein Ausdruck von tatsächlichen Leistungsmöglichkeiten. Und niemals Grund, am Wichtigsten zu kratzen, am Selbstwertgefühl. Das ist die größte Schwierigkeit. Dass die Halbjahresinformationen nur als Wegweiser benutzt und bloß nie persönlich genommen werden dürften.
Vielleicht hilft ja genau jetzt ein kleiner Ausflug ins “pädagogische Schweizermesser”. Zwei Seiten pdf, die den Blick auf Noten ein wenig zurechtrücken können, haben wir auf http://www.faust-verleiht-fluegel.de/ zum Download bereitgestellt.
Auf alle Fälle gilt eines: Die eigenen Zeugnisse von damals herausholen und richtig anschauen hilft Eltern oft richtig gut, Noten zu relativieren. Damit der Familienfrieden nicht gefährdet wird. Das sollten Noten nicht schaffen. Hätte man Methoden herausgefunden, wie die Mehrheit von uns Menschen ohne den Druck von Noten bis zum Abitur sich die notwendigen Grundlagen erarbeiten würde, es gäbe sie schon lange nicht mehr. Aber wir brauchen die Noten als Hilfsmittel, um uns der von der Natur nicht angelegte Fähigkeit zu unterziehen, „freiwillig“ 12 Jahre lang zum Lernen von Dingen zu gehen, die wir freiwillig ohne Noten niemals in dieser Ausführlichkeit lernen würden. Und warum: Um unsere hochentwickelte Gesellschaft nicht abstürzen zu lassen. Die jungen Köpfe sind unsere einzige Rückversicherung dafür.