Sie fragen sich vielleicht manchmal beim Lesen, ob das, was ich hier so schreibe, denn Schüler verstehen könnten, wenn sie sich damit beschäftigen würden. Ob sie die Bildchen, die ich wöchentlich im Männerrevolteblog versenke, denn auch Schülern weiterhelfen könnte oder ob alles nicht nur die ausgeschmückte, uralte Variante von: „Du lernst nicht für die Schule, sondern für’s Leben“ Aussage ist, die zwar jeder Erwachsene aus der Erwachsenensicht sofort versteht, aber die an Jugendlichen normalerweise immer so abprallt.
Oder ob ich eben ein Blogger bin, der sich nur schöne Sachen ausdenkt, die bei Schülern nie ankommen können. Nur Faust-Eltern oder Schüler können ja meine vielen Sätze als Blogger mit meiner schulischen Wirklichkeit verbinden und beurteilen.
Ich gestehe, ich unterrichtsblogge eigentlich seit über 30 Jahren in jeder Klasse und Alterstufe mit wachsender Begeisterung. Und lasse meinen Unterricht und mein Unterrichtsbloggen schon immer am Ende des Schuljahres anonym bewerten. Damit ich von denen, die ich damit beriesle, lerne, wie ich mein Berieseln weiter optimieren kann. Unterrichtsbloggen verstehe ich so: Ich habe da einen Bildungsplan, den ich erfüllen muss. Der heißt für einen Physiklehrer in Klasse 7 zum Beispiel „Einstieg in die physikalische Gedankenwelt mit Hilfe von Akustik, Optik und Energiefragen.“ Da sitzen also junge Menschen vor einem, deren Persönlichkeit ich als Erwachsener empfinden kann, wenn ich Sensoren dafür entwickle, wie Persönlichkeiten – noch dick eingepackt – in diesem Alter agieren. Dass da schon verpackte Persönlichkeiten sitzen, weiß jeder, der sich einmal gefragt hat, wie selbst Fünftklässler es schaffen können, einen ausgewachsenen Lehrer zur Verzweiflung zu bringen. 30 auch dick verpackte Persönlichkeiten haben die Kraft dazu. Da sitzen sie also und sind nicht so bildungshungrig, wie man das gerne hätte, obwohl man ja weiß, wie sehr sie später davon profitieren würden, wenn sie jetzt bei mir Physik satt einpacken könnten. Zumindest sich die Option offenhalten könnten, später Naturwissenschaften beruflich nicht auszugrenzen. Das Geschäft betreibe ich nun schon seit über 30 Jahren mit Visualisierungen an der Tafel, die ich dann oft sehr langatmig bespreche. Visualisierungen, die mir einfallen, wenn ich Unterricht vorbereite und ich nach neuen Motivationskicks suche, die es mir erlauben, kurz möglichst viele Schüler möglichst ernsthaft an meinen Physikunterricht heranzuführen. Ich beschreibe das einmal aus Schülersicht einer aktuellen 7. Klasse. 3 : 26 für mich, würde ich sagen. Aus den aktuellen anonymen Rückmeldungen. Zuerst die drei: „Ihre Bayer’schen Philosophie ist oft langweilig, andererseits hält es den Unterricht auf…“ schreibt ein Schüler. Männlich. In diesem Jahr in dieser Klasse muss es aber doch inzwischen richtig gut geklappt haben mit meinem heimlichen Lehrplan, denn nur noch 2 Mädchen (weiblich und männlich lasse ich immer notieren) beschreiben den heimlichen Bayer’schen Lehrplan etwa wie folgt: „Was Sie sagen, könnte man auch sehr viel kompakter sagen. Das „Gerede“ drum herum stört und lenkt von Tatsachen ab. Es wird langweilig. Außerdem sagen sie immer das Gleiche.“ Stimmt natürlich. Ich könnte sicher alles kompakter sagen, aber ich weiß aus der Erfahrung, durch die vielen Gespräche mit ehemaligen Schüler/innen, die ich natürlich alle immer unterrichtsgebloggt hatte, dass es eine erstaunliche Langzeitkomponente in dieser Methode gibt. „Ich muss dir was sagen. Ich verstehe jetzt genau, was du uns damals in der Elften versucht hast, uns über’s Leben beizubringen.“ hat mich vor vielen Jahren ein Jetzt-schon-lange-selbst-Vater begrüßt. „Es hilft mir übrigens sehr viel, wenn dich das beruhigt.“ Ja ich bin inzwischen wirklich sehr sicher geworden, dass es Sinn macht, was ich mit meinem heimliche Lehrplan bezwecke. Kontinuierliche Blickwinkelveränderungsversuche. Dieses Schalter umlegen und den eigenen Lernprozess verstehen, die Noten nicht so wichtig nehmen, dafür mehr auf den Wissenszuwachs setzen. Auf sich selbst vertrauen. Das ist immer die zentrale Aussage in den verschiedensten Variationen und Bildern. Deshalb hat die junge Dame aus der Siebsten mit ihrer Aussage „Außerdem sagen Sie immer das Gleiche.“ natürlich vollkommen recht. Aus der gleichen Klasse habe ich dem gegenüber 26 Reflexionsblätter liegen, die schon jetzt verstehen und empfinden können, auf was es mir ankommt. „Mich nervt das viele Gerede ziemlich oft, aber ich merke schon irgendwie, dass ich so eigentlich mehr lerne. Bei mir bleibt so viel mehr hängen……“Ich finde es eigentlich ziemlich gut, wenn Sie uns etwas erzählen. Es bringt mich immer sehr zum Nachdenken & ich komme darauf, dass sie recht haben.“ Das funktioniert natürlich nur, wenn Schüler auch wirklich merken, dass man sie ernst nimmt. „… Sie behandeln Schüler mit Respekt. Ich finde, dadurch verschafft man sich als Lehrer auch selbst mehr Respekt….“ beschreibt eine Schülerin eine einfache Wahrheit auf klare Weise. “Mir bringt Ihre Unterrichtsart eigentlich ziemlich viel, weil es bringt mich zum Nachdenken & ich höre dadurch auch in Physik zu & ich denke nicht gleich, dass ich es eh nicht kann, sondern probier’s.” – ” Mich nervt das viele Gerede ziemlich oft, aber ich merke schon irgendwie, dass ich so eigentlich mehr lerne. Bei mir bleibt so viel mehr hängen.” Ja genau das will ich ja. Ich könnte jetzt viele ähnliche Aussagen meiner Kunden einer 7. Klasse 2010/11 hier auslisten, ich belasse es aber mit einem männlichen Schlusswort: „Der Bayer redet sehr viel. Es ist zwar etwas nervig, aber eine sehr effektive Lehrmethode.“ Die Visualisierung der Woche, die ich für meine Schüler/innen, die ich jetzt vielleicht nie mehr unterrichte, an die Tafel gemalt hatte, will ich Ihnen nicht vorenthalten. Üblicherweise würden die meisten Menschen das erwachsen werden mit dem oberen Bild beschreiben. Wie das kontinuierliche Aufeinanderstapeln von vielen Entwicklungspaketen ab der Geburt. Und ich sage aus 35jähriger praktischer Erfahrung mit der Entwicklung von Fünftklässlern zu Müttern und Vätern und beruflichen Vollprofis: Den fettesten Anteil am Erwachsen sein macht die Persönlichkeit aus, die jemand in dieses Leben mitbringt. Sie ist noch dick eingemummt, verpackt, versteckt und blitzt nur ab und zu schon ganz früh durch den Kokon. Sie entwickelt sich in diesem Schutz und festigt sich, wenn die Bedingungen gut sind. Packt Wissen und Lebenserfahrung dazu. In der Pubertät wird der Kokon zum Panzer. Zum Stachelkorsett. Auch nach innen. Der Umbau des Gehirns in der Pubertät ist oft auch für den Rüstungsträger schmerzhaft. Na ja, und irgendwann, wenn die Zeit reif ist, und die ist bei den verschiedenen Menschen eben verschieden, das muss man zur eigenen Beruhigung als Eltern wissen, bröckelt die Verpackung und die Persönlichkeit plus Wissen plus Lebenserfahrung kommen zum Vorschein und man fragt sich oft, warum so eine Persönlichkeit denn bitteschön in der Schule irgendwelche Schwierigkeiten hatte. Na ja, Sie wissen was jetzt kommt. „Außerdem sagen sie immer das Gleiche…“ schrieb die eine Schülerin. Klar, wir Lehrer sind eben schuld gewesen. Der Schuldige gefunden und dieses Wissen an die nächste Generation weitergegeben. Und alles geht in die nächste Runde.
So jetzt hör ich auf mit dem „Labert er mal wieder Zeug, aber manchmal ganz interessant…“ Bereich meiner Gedanken und fange den Unterricht nach Lehrplan an. Aber da müssen Sie jetzt nicht mehr dabei sein. Nein Stopp. Eines muss ich noch loswerden. Leider ist das mit der geschützten Persönlichkeit im Kokon nicht ganz so einfach. Denn man muss in allen Entwicklungsbereichen gut auf diese Persönlichkeit aufpassen. Sonst kommt sie am Ende verbogen heraus. Das ist für viele von uns leider die bittere Lebenswahrheit. Dazu vielleicht später mehr gebloggt.