Flügelverleih meets Hattie

9. Juli 2011

Ankommen am Gymnasium

Abgelegt unter: Fünferhaus — heinz.bayer @ 19:13

Ich muss zwischendurch noch einmal betonen, dass ich hier keine Fantasieschule entwerfe, sondern das Faust-Gymnasium einfach ein wenig weiter träume. Also unser real existierendes normales Landgymnasium in Staufen mit jetzt schon vielen gut ausgereiften Ansätzen, mit einigen zusätzlichen Möglichkeiten gedanklich ausstatte, um einen noch effektiverer Lern- und Lebensraum zu erzeugen.

Die Kapitel der nächsten Wochen:

- Fünferhausidee und Flügelverleih

- Hausaufgabenhefte und Betreuungssysteme

- G8/G9 – die Splitting-Idee

- Teams, Coachs, Aktivitäten

- Betriebssysteme einer funktionierenden Schule

Fünferhausidee und Flügelverleih

Ich gestehe, Klasse fünf, da bin ich eigentlich schon richtig zufrieden, wie wir das inzwischen machen. Zur Nachahmung freigegeben. Ankommen am Faust. Ein eigener Pavillon mit 5 Klassenräumen. Klar, Geld war keines da, weil an einer anderen Stelle umgebaut wird. Deshalb haben wir einfach kreativ selbst finanziert. Farbe auf die alten Tischplatten gepinselt und die verdreckten Wände angemalt. Außerdem Spinde im Klassenraum für jedes Kind über die Eltern kreativfinanziert. Mit ein paar gebrauchten Schränken im Vorraum eine gute Atmosphäre erzeugt. Wenn man von den alten Toiletten und dem kaputten Teppichboden einmal absieht, ein Lernhaus mit viel Charme der ganz besonderen Art.

„Und die Unterrichtssituation? Ob ich mir nicht neue Unterrichtsformen zusammenträumen will?“ fragen Sie. „Mit lauter Wahnsinnspädagogen, die das auch so umsetzten können, dass es nur noch begeisterte Kinder gibt, die gerne lernen?“ Na ja, davon träumen Eltern natürlich. Ich bin lieber Realist, der die existierende schulische Situation jetzt verbessern will. An den Schulen hat sich so viel getan, auch an den ganz normalen Schulen, nur ist das den Wenigsten bewusst.

Aber es gibt etwas, über das das Kulturministerium ungern spricht.

In Baden-Württemberg hat in diesem Jahr der erste Schwung G8er zusammen mit den letzten G9ern Abitur gemacht. Zum Beispiel am Faust. Im nächsten Jahr wird es viele Doppeljahrgänge geben und dann gibt es nur noch das achtjährige Gymnasium. Dann können Sie die real existierende Lehrerschaft der nächsten 20 Jahre an den Schulen sehen. Diese Lehrer/innen werden gemeinsam altern und es werden fast keine Neuen mehr eingestellt. Das ist die bittere Wahrheit der verqueren Einstellungspolitik in BW. Stellen Sie sich einmal einen Betrieb vor, der es sich leistet, nur jedes Vierteljahrhundert einzustellen. Und dann im Pulk, weil die Altern gehen. Und dann auch noch von einer zentralen Verteilungsstelle aus. Denn Lehrer/innen werden nicht von der Schule aus eingestellt, wie das z.B. in der Schweiz der Fall ist. Schulscharfe Ausschreibungen für ein paar wenige Stellen, das war ein Zauberwort, das man an den Schulen in den letzten paar Jahren ab und zu hörte und sich freute, wenn man schulscharf ausschreiben durfte. Jetzt aber heißt es einfach: Träume dir eine Schule mit genau den Lehrer/innen, die jetzt da sind. Verbessere unter haushaltsmäßig schwierigen Bedingungen und den einfach fehlenden naturwissenschaftlichen Lehrer/innen trotzdem den Lebensraum Schule. Für unsere Kinder, aber auch für unsere hochtechnisierte und noch wohlhabende Gesellschaft, die in zehn oder zwanzig Jahren eben auch noch sehr gute Ingenieure, Ärztinnen, Informatiker, Juristinnen, Sozialarbeiter, Chemikerinnen, etc braucht, um im globalen Wettkampf zu bestehen.

Nachstehend nun nähere Informationen aus unserem Infoblatt zum Schuljahresanfang. Wir hatten uns die Sache so vorgestellt und wir sind alle nach einem Schuljahr sehr zufrieden mit dem Konzept. Die Stufenpädagogik am Faust wird in den nächsten zwei Jahren weitergehen, weil wir mit den guten Erfahrungen des Fünferhauses nun die Klassenräume der 6. und 7. Klasse in abgeschlossenen Bereichen wählen werden.

Aus dem Infoblatt:

Die pädagogische Idee des Fünferhauses

Die neuen Fäustlinge kommen von vielen verschiedenen Grundschulen des großen Einzugsgebietes mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und schulischen Verhaltensweisen.

Die Spanne zwischen den junge lauten Wilden und den kleinen stillen Schüchternen wird immer größer.

Im Haupthaus gehen die Fünfer schnell in der Gesamtmasse Schüler unter. In einem eigenen Haus kann eine neue Übergangsdidaktik entwickelt werden, die eine neue Ernsthaftigkeit gleich zu Beginn des gymnasialen Lebenswegs für alle Fäustlinge erzeugen soll. In Kombination mit der Nachmittagsschule ist der Pavillon mit seinen 5 Räumen und dem eigenen Lehrerzimmer prädestiniert für diese Form von Pädagogik.

Das Fünferhaus soll überschaubarer Lebensraum Schule sein, in dem einheitliche Grundlagen für eine erfolgreiche Schullaufbahn gelegt und das soziale Gefüge der ganzen Stufe entwickelt werden kann.

Das Fünferhaus wird mit klaren Vorgaben arbeiten und Wert auf Einhalten von Grenzen legen. Das Fünferhaus sieht sich in der Pflicht, Erziehung zu einem einheitlichen positiven schulischen Verhalten auf den Lehrplan zu setzen, um die unterschiedliche familiären Vorstellungen auf ein schulisch einheitliches Niveau zu bringen und Eigenständigkeit und Selbstverantwortung zu normalen Begleitern des Schulalltags werden zu lassen.

Das Fünferhaus ist ein Haus der Stille.

Wir wissen, dass sich dies in der heutigen Zeit ungewöhnlich anhört. Wir sind der Meinung, dass Schülerinnen und Schüler durch ein liebevolles, aber auch strenges Regelwerk lernen können, dass Brüllen und Toben keine Notwendigkeiten des menschlichen Daseins sind. Dass Brüllen und Toben im Gegenteil dem positiven und selbstaktiven Lernen entgegenstehen. Wir glauben mit einer einheitlichen Pädagogik einen Gegenpol zum Mainstream setzen zu können.

Das Fünferhaus ist ein Haus der Sauberkeit und der Ordnung.

Wenn alle Fünftklässler/innen darauf ihr Augenmerk richten, ist dies kein Problem. Das  Erscheinungsbild einer Lernumgebung ist für das Lernen von großer Bedeutung.

Das Fünferhaus ist ein Haus des Lernens.

Wir sind der Meinung, dass es keine Überforderung darstellt, wenn Fünftklässler sich von Anfang an an konsequentes gymnasiales Arbeiten gewöhnen. Im Gegenteil. Die fünfte Klasse ist der richtige Zeitpunkt, die richtige und strukturierte Arbeitshaltung zu erlernen.

Das Fünferhaus ist ein Haus des Konflikte lösens

Wir arbeiten seit Jahren in den fünften Klassen verstärkt mit einem gut ausgebildeten Streitschlichterteam, dem im Fünferhaus eine besondere Rolle zukommt. Der Schulgarten ist Teil der Fünferhauspädagogik.

Flügelverleih – die Nachmittagsschule am Faust.

Wir besitzen 2 Jahre offene Ganztagesschul-Erfahrung. Wir bieten jeden Nachmittag Betreuung bei den Hausaufgaben durch Lerncoachs aus höheren Klassen. Neben dem hausaufgabenbereinigten, stressfreieren Familienleben sehen wir in der Nachmittagsschule den Vorteil, dass unsere betreuten Schülerinnen und Schüler Schule als Ganzheit und Lebensraum besser begreifen können, soziale Kontakte in einem behüteten und pädagogisch bunten Umfeld als Netzwerk erfahren und durch die älteren Coachs eine stärkere Einbindung in die gesamte Schule entwickeln. Die Nachmittagsschule wird von erfahrenen Pädagogen betreut. Weitere Vorteil für die Nachmittagsschüler: Unsere schuleigene Sozialpädagogin, die für viele Betreuungen und pädagogischen Projekte verantwortlich zeichnet, ist täglich vor Ort und ist damit für die Schülerinnen und Schüler eine konstante persönliche Größe. Die betreuenden Lehrer arbeiten eng mit den Fachlehrern zusammen. Nachmittagsschule und Fünferhaus bilden somit eine pädagogische Einheit.

Das Fünferhaus ist ein offenes Haus.

Wenn die Schüler/innen früh von den Bussen kommen, werden wir versuchen, schon vor Ort zu sein, damit das übliche lange Warten mancher Weitgereister in der Aula für die Fünfer durch ruhiges Ankommen im geöffneten und schon beaufsichtigten Fünferhaus ersetzt werden kann.

Das Fünferhaus ist ein selbstgestaltetes Haus.

Um den Charakter des Lebensraums Schule zu verstärken, werden wir die Gestaltung der Räumlichkeiten stark in die Hand der Neuen legen. Zu Beginn des Schuljahrs findet z.B. ein gemeinsamer Tisch- Lackier-Nachmittag statt, der den Räumen die eigene Note geben wird.

Das Fünferhaus ist ein Haus der Diskussion

Durch die gemeinsamen Räumlichkeiten werden wir klassenübergreifende Projekte ausprobieren und Dinge wie Wochenanfang und Tagesanfang gemeinsam entwickeln.

Das Fünferhaus ist ein Haus des pädagogischen Experimentierens

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