An Hand unserer Spinde im Fünferhaus kann man die Philosophie des freien Unternehmertums in der Faust-Pädagogik gut erklären.
Da hatten wir ja einfach die Idee, in unserem in die Jahre gekommenen Pavillon mit den fünf Klassenzimmern, in dem wir schon zwei Jahre lang unseren Flügelverleih abgehalten haben, die neuen Fünftklässler unterzubringen.
„Aber bei den Tischen und den Wänden eigentlich undenkbar“, sagten wir – „wenn man nicht selbst Hand anlegt. Farbe ins Spiel bringt.“ Aber Farbe kostet. Und die Idee, dass jede Schülerin und jeder Schüler den eigenen Spind im Klassenzimmer hat, kostet noch mehr. Und sich finanziell selbst ins Spiel zu bringen, ist eigentlich im System nicht vorgesehen.
Die normalen Rituale, wann, wo, wie renoviert wird, sind klar nach Zeiträumen eingeteilt. Über die Abfolge: Diskussionen, Schwerpunktsetzung, Abstimmen, Antrag stellen, Warten, irgendwann offizielle Zustimmung, wieder Warten. Und in einigen Jahren dann die Umsetzungsphase. Vielleicht ist dann die Hälfte der Leute, die am Anfang Feuer und Flamme waren, pensioniert und die andere Hälfte nicht mehr Feuer und Flamme.
Unsere eigene Umsetzungsidee in Sachen Fünferhaus sah vollkommen anders aus. Man kann natürlich die Eltern nicht dazu verdonnern, 50 Euro für einen Spind hinzulegen. Das darf man nicht. Klar. Lernmittelfreiheit. 150 Euro Landschulheim, 350 Euro Studienfahrt. Das schon. Aber 50 Euro für einen Spind. Nicht vorgesehen. „Leider“, sagen wir uns, denn so ein Spind für jedes Kind im Fünferhaus hat so viele Vorteile. Die ich jetzt aber nicht diskutieren will. Ich will erzählen, wie wir die Sache trotzdem zeitnah und direkt finanziert haben. Solange es noch bei allen brennt und noch nicht die Hälfte in Pension gegangen ist.
Der Faust-Geschäftsidee: Man vermietet den Eltern für einen Euro im Monat einen Spind für ihr Kind. Also 12 Euro im Jahr. Das ist völlig im Rahmen. Damit man den Spind aber bauen kann, braucht man 50 Euro. Also leiht man sich die restlichen 38 Euro bei denselben Eltern, die 50 Euro freiwillig einzahlen. Freiwillig wohlgemerkt. Muss sein. Diese 38 Euro verzinst man mit über 5% und zahlt dann, wenn man im nächsten Jahr die nächsten Eltern mit derselben freiwilligen Spind-Finanzierungsidee konfrontiert, die 40 Euro für die jetzigen Eltern zurück. Also 10 Euro freiwillig eingesammelt, inzwischen eigentlich von allen Eltern, denn der Kultfaktor einer Türe, die man nach der 5. Klasse in die 6. Klasse für die dortigen Spinde mitnimmt, dann in die 7. Klasse – so lange werden wir Spinde weiter bauen – um diese Kulttüren dann – in der 5. Klasse liebevoll angemalt- mit den Unterschriften der Lehrer/innen und Mitschüler/innen versehen, die dann einfach die totale bunte Schulerinnerung darstellen – in der eigenen Studentenbude stolz an die Wand zu hängen, diesem Werbesog konnte sich kaum jemand entziehen. Denn es ist ja keine heiße Luft, sondern echter wundervoller Kult. Sorry, ich weiß, meine Sätze. Mein Deutschlehrer hat die Länge immer bemängelt.
So finanziert man innerhalb von 3 Jahren ganz spezielle Spinde Marke Eigenbau. Mit verkauften Kult DVDs und einem eigenen Fünferhaus-Jahrbuch soll aber die Finanzierung schneller von statten gehen. Und – das finden wir – wir haben wirklich viel zu bieten. Erinnerungen dieser Art sind lebenswertvoll und nicht wichtig genug einzuschätzen.
Das hört sich für den normalen schulischen Antragsteller natürlich sehr seltsam an. Schule ist nicht für das freie Unternehmertum eingerichtet. Aber man könnte es einrichten. Und wenn die Politik es schaffen würde, diese Form des selbstständig Verdienens aus der halblegalgrauen Zone in eine pädagogisch zentrale positive Position zu rücken, dann hätten sie viele Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Wollte ich nur mal erwähnt haben. Immerhin habe ich den Koalitionsvertrag aufmerksam gelesen. „“Wir setzen auf die Innovationskraft der Schulentwicklung von unten.“ Das höre ich doch sehr gerne.