Fünferhaus. Was erzähle ich Ihnen denn heute? Ich plane in diesem Blog die Themen übrigens gar nicht. Was mich in dem Moment bewegt, wenn ich am Schreiben bin, bekommen Sie erzählt. So einfach ist das.
Unser Fünferhaus-Konzept, stufenweise junge Menschen zusammenzufassen, scheint wirklich gut aufzugehen. „…Vielen Dank für die ganz und gar wunderbare Idee des Fünferhauses und ihre tolle Umsetzung! Meine Tochter fühlt sich wirklich überaus wohl im Wohlfühlhaus und wir Eltern mit ihr. Ein ganz großes Danke an das ganze Fünferhausteam!“ habe ich gestern in einer Mail an unser Team gelesen.
Klar. Viele Reformschulen haben das schon lange vorgemacht. Stufenpädagogik. Das ist keine Erfindung von uns. Aber wir sind ja keine Reformschule. Wir sind „nur“ ein ganz normales staatliches südbadisches Gymnasium. Mit einer kleinen Idee der speziellen Jahrgangsbetreuung. Mit einem Menschenbild, das Menschen auch in jungen Jahren wertschätzt. Wie ich das meine mit dem Wertschätzen? Ich habe heute Abend ein Mail bekommen, in dem mir ein früherer Schüler meiner vorvorvorletzten fünften Klasse als Klassenlehrer, bei dem in der Unterstufe viele gezweifelt hatten, ob er Gymnasium überhaupt schaffen würde, ein Photo aus seiner Lufthansapilotengruppe geschickt hat. „Hier ein kleines Foto direkt aus Frankfurt. Sozusagen als Update! Hoffe auf dem Faust läuft alles, wie es sollte und das erste Doppel-Abi ist gut über die Bühne gegangen!“ schreibt er. Er fing an, in der 9. Klasse nach einem sehr pubertären Mittelstufenbeginn, den Schalter umzulegen und in der 11. Klasse dann richtig durchzustarten. Er war als Schulsprecher und Aktivist in vielen Bereichen überall an der Schule zu finden und hat dann schon vor dem Abitur den Zuschlag für seine Traumausbildung „Lufthansapilot“ bekommen. Will man mehr, wenn man Schüler auf ihrem Weg in die spätere Berufswelt ein paar Jahre betreut? Wenn man ihnen an der Schule neben der qualifizierten Fachausbildung auch noch eine breite zusätzliche Angebotspalette von Möglichkeiten für die eigene Entwicklung bieten kann? Heute Mittag war ein ehemaliger Schüler im Flügelverleih, damals Streitschlichter, Coach, Schülerbüroaktiver, Organisator etc. – Hans Dampf in allen Gassen. Er wollte nur melden, dass er seinen Traum-Studienplatz in den USA bekommen hat. Samt Stipendium. Hat gestrahlt, dass es mir vor Freude kribbelnd den Rücken hinunter lief. Er hat sich aus der rückblickenden Perspektive gefragt, warum es nicht alle so machen, wie er es gemacht hat: Die ungeheuer vielen Möglichkeiten des Faust für die eigene Zukunft zu nutzen. Eine große Frage am Nachmittag mitten im Fünferhaus.
Ich lasse sie einfach einmal so im Raum stehen.
Zurück blieb an diesem Abend das Gefühl: Man arbeitet in der Schule mit vielen großartigen Menschen zusammen, wenn man das Gespür dafür entwickelt. Wenn man das Wertschätzen junger Menschen zur Grundlage macht. Fünferhauspädagogik zumindest. Dafür stehe ich.