Kennen Sie Jesper Juul ? Ein dänischer Familientherapeut. Ich lese ab und zu von ihm und stelle immer wieder fest: Er hat in so vielen Dingen einfach recht. Seine Aussagen finde ich in meiner Schul-Praxis wieder. In einem ZEIT Interview sagte er auf die Frage: „Glauben Sie wirklich, Herr Juul, dass Erziehung mit Beginn der Pubertät nicht mehr möglich ist?“ „Wir haben 10 Jahre Zeit, um mit unseren Kindern zu arbeiten. Mit 10 Jahren ist es vorbei. Danach weiter über das Leben der Kinder zu bestimmen, ist Eltern nie gelungen. Auch nicht, als ich Kind war. Alle Entwicklung, die dann kommt, kommt von den Kindern.“ sagt er und: „Eltern können ab einem bestimmten Alter für das Kind nur noch da sein.“
Ja das ist auch meine Erfahrung. Genau das. 5. und 6. Klasse, also bis 12 Jahre, da haben Eltern noch Einfluss. Dann kann man nur noch auf die Kinder selbst setzen. „Eltern seid doch nicht so nett“, ist übrigens der Titel des Interviews. Juul meint, die deutsche Idee, dass Kindheit romantisch oder nett oder süß wäre, sei Quatsch und er sagt: “diese Barbie-Kinder der letzten 10 Jahre, die von den Eltern in Baumwolle eingepackt werden, nennen wir in Dänemark die Curling Kinder. Die Eltern rennen vorweg, um jede Unebenheit zu beseitigen, damit bloß nichts weh tut. Wie auf der Eisbahn.“ Ja das Bild gefällt mir. Jedes Jahr kommen mehr Curling Kinder an unsere Schule. Wenn die Eltern alles für einen machen, wird man nicht lebensfähig. “Man braucht Schmerz. Man braucht Frustration.” Sagt Juul. Liebe Fünft- und Sechstklass-Eltern. Sie sind am Ende ihres Erziehungseinflusses angekommen. Nutzen Sie ihn noch ein wenig. Und wenn Sie bisher Curling gespielt haben, setzen sie doch jetzt auf „selbst Erfahrungen machen“ lassen. Und auch Frustrationen erleiden lassen. Das ist gut so.