Ich hoffe natürlich, Sie hatten schöne Ostern. Ihre Kinder auch. Die Abiturienten hatten ihre letzten Osterferien. Da war Vorbereitung auf das schriftliche Abitur angesagt. Am Donnerstag geht’s los. Der letzte G9er Jahrgang am Faust. Dann kommt der berühmte Doppeljahrgang und dann machen alle ihr Abitur nach 8 Gymnasialjahren.
Soll ich ein wenig Insiderwissen verplaudern? Zum Beispiel: Das Mathe-Abi ist für viele eine echte Herausforderung. Sie wissen das noch? Wissen Sie auch, warum? Weil man als Schüler einfach immer meint, Abi, das wäre in vielen Jahren. Später da müsse man eben ranklotzen. Leider stimmt genau das nicht. Abi ist immer. Nehmen wir Bruchrechnen Klasse 5 oder 6. Und dann eine Abitursaufgabe mit einer schwierigen Integralrechnung. Und irgendwo zwischen dem Anfang und dem Ende der Aufgabe eine kleine, doofe, gemeine, unauffällige, versteckte, primitive und einfache Bruchgeschichte. Die man schon in den letzten Jahren immer übersehen hat und nie aufgearbeitet, obwohl die Lehrer natürlich immer gesagt haben, wie wichtig Fehleranalysen sind, aber nach der Arbeit ist eben nach der Arbeit. Und genau diese kleine Bruchgeschichte, sagen wir mal „größter gemeinsamer Teiler“. Sie erinnern sich? ggT. Eine Sache, die man vielleicht in der 6. Klasse nicht richtig gefestigt hat, die man in der 7. und 8. Klasse nicht mehr gebraucht hat, die man in der 9. und 10. Klasse nicht mehr bemerkt hat, weil man natürlich nie Fehleranalysen gemacht hat und sich damit abgefunden hat, dass man Mathe eben nicht so blickt. Oder den Lehrer einfach blöd fand, weil er sicher zu schwere Aufgaben gestellt hat. Und am Ende steht dann das Abitur und man meint, die Aufgabe wäre schwer, weil man gleich mal falsche Werte herausbekommt, die nicht stimmen können. Vielleicht genau wegen dem größten gemeinsamen Teiler aus der Klasse 6. Nicht wegen der wirklich schwierigen Integralrechnung. Man kommt ins Schwitzen, das Gehirn blockiert und am Ende hält man sich natürlich für einen mathematischen Versager. Dabei hat man nur am Ende der Osterferien in der 6. Klasse vergessen, die kleinen Lücken zu stopfen, die man damals beim Bruchrechnen hatte, weil man damals gedacht hatte, dass das Abitur ja noch so weit weg wäre.
Wenn Sie also Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter was wirklich Gutes tun wollen: Packen Sie gemeinsam den Schulranzen für die nächste Woche. Schauen Sie jedes Heft kurz durch, lassen Sie sich erzählen, was denn vor den Ferien in allen Fächern Sache war. Versuchen Sie geduldig, den Lernprozess bis zum Abitur etwa am Beispiel des Bruchrechnens zu erklären. Vielleicht kann Ihr Sohn oder Ihre Tochter ja aus dem gemeinen Spiel ausbrechen, bei dem man vergisst, dass das Lernen für die nächste Arbeit im Vergleich zum nachhaltigen Lernen mit Langzeitwirkung recht wenig Bedeutung hat. Ich drücke Ihnen die Daumen.
Wenn meine Physik-Abiturienten im Abitur Fehler machen, dann sind es zu 80% Fehler, die sich aus fehlerhaftem Rechnen ergeben. Mathematik Klasse 7 bis 9. Nicht etwa aus dem Nichtverstehen komplizierter physikalischer Zusammenhänge. Eigentlich schade. Aber: So isses.