Flügelverleih meets Hattie

13. November 2009

Haben Sie eigentlich noch Schulalpträume?

Abgelegt unter: Schülerschule — heinz eugen b @ 23:51

Ich gestehe, dass in dieser Woche so viele Eindrücke aus der Schule in meinem Kopf herumschwirren, dass ich Schwierigkeiten habe, mich auf ein Thema zu konzentrieren. Wenn man täglich den Schauspielern und Musikern bei den Proben zusieht, die sich konzentriert und mit großer Ernsthaftigkeit der Dreigroschenoper nähern, Sie haben es sicher im faust-aktuell gelesen, dann schwebt schon allein deshalb für mich so ein ganz eigenes Faustgefühl konstant durch die Aula. Das Bühnenbild verzaubert die Szene. Da designen junge Grafiker auf den letzten Drücker tolle Plakate, da warten geduldig und stundenlang die Techniker an Licht und Ton auf ihre Einsätze, da arbeitet eine riesig große Truppe von jungen Leuten an einem richtig großen Projekt zusammen. Die Podcastleute warten mit ihren Filmkameras auf den Einsatz bei der Premiere. Als alter Schulmeister weiß man: Da wird nicht nur feinstes Schultheater gespielt, nein, da werden dauerhaft Dinge für’s Leben gelernt. Philipp Tiedemann, der Schauspieldirektor, stand dort auf Faust-Bühne, Felix Eitner, der Schauspieler hat im Theater am Faust geglänzt, Franz Lustig, der Kameramann, hat sich in der Schule seine ersten Sporen verdient. Azhar Kamal stand dort als Gitarrist in der Aula und träumte seinen Musikertraum …. So ein 30jähriger Schulerfahrungskopf schaut da verklärt bei den Proben zu und fragt sich dabei, wo wohl all diese jungen Menschen später ihre ganz eigene Bühne finden werden. Dass sie sie finden, davon ist der alte Schulmeister natürlich überzeugt. Wer das Faust so aktiv durchlebt wie z.B. die Theateraktiven, der nimmt genügend Stärke mit hinaus in die Nach-Faust-Zeit.

Der träumt später mehr von tobendem Applaus als von verkrachten Klassenarbeiten, wenn er von Schule träumt.

Ja leider ist das so. Noch nach Jahrzehnten werden so viele von uns Menschen, die wir alle mal auf der Schule waren, von Schul-Alpträumen (Albträumen – darf man beides schreiben) geplagt. Wikipedia: Im nächtlichen Schlafrhythmus treten Albträume vorwiegend im REM-Schlaf auf, meist in der zweiten Nachthälfte. Die Dauer schwankt zwischen wenigen Minuten und einer halben Stunde und endet meist mit Aufschrecken, wonach man sich in der Regel sofort der Wachheit bewusst und räumliche und zeitliche Orientierung gegeben ist. Als Ursachen werden unverarbeitete Tagesgeschehen, traumatische oder traumatisierende Erlebnisse, Stress oder psychische Probleme, aber auch physische Komponenten angenommen.

Dass wir in einer Prüfung sitzen und überhaupt nichts wissen. Furchtbare Situation. Schweißgebadet wachen wir auf und fragen uns: Wie ist das nach 30 Jahren noch möglich? Peinliche Situationen. Versagensgefühle pur. Schule als Ort des Grauens in Träumen. Verrückt. Aber eigentlich auch klar. Man hat in unserer Gesellschaft noch nicht wirklich gelernt, Schüler/innen klarzumachen, dass sie auf die eigenen Fähigkeiten schauen müssen, anstatt sich immer so sehr auf Noten zu fixieren. Als wäre meine Fähigkeit als Physiklehrer abhängig von meiner Mathenote in der 6. Klasse.  Als Eltern sollten Sie das bewusst angehen. Die Fähigkeiten honorieren, Anstrengungen gut finden, Biss unterstützen, Bemühen ernst nehmen, nicht so gute Noten nicht so gute Noten sein lassen. An die Alpträume der Zukunft denken, die eigenen Zeugnisse von damals studieren und Mut machen.
Jetzt bin ich ganz woanders gelandet, als ich das im heutigen Blog vor hatte. Ich wollte eigentlich zum Thema Flüsterzeit im Flügelverleih erzählen. Aber das läuft ja nicht weg. Ich wollte etwas zu den Elternabenden erzählen, wollte den Elternbeiräten der 5. Klassen hier einmal blogöffentlich gratulieren, dass sie einen richtig tollen Job machen. Aber das kann ich ja noch nächste Woche nachholen. Der Elternabend ist erst am Montag in einer Woche. Und ich wollte von Gesamtkonzepten der offenen Ganztagesschule erzählen. Ich wollte die Verpflegung in der Cafeteria streifen und erzählen, dass der Flügelverleih jetzt sogar eine Praktikantin hat. Frau Schromm, die im 9. Semester Englisch und Biologie studiert und sich ein offizielles Zertifikat in Sachen Ganztagesschule bei uns „erarbeitet“. Wollte etwas von unseren Ideen erzählen, wie wir Frau Winkelmüller-Völkers als LRS-Spezialistin im Flügelverleih einsetzen werden, wollte den Film, den die Mittwochflügelverleiher für Frau Geismann, damals noch Frau Hofmeir, für ihre Hochzeit gedreht hatten, verlinken. Na ja. Ich werde Sie jetzt nicht überfrachten. Haben Sie Geduld. Wenn Sie wirklich viel mehr davon lesen wollen, was ich zum Thema Noten und Fähigkeiten so alles schreiben würde, wenn ich jetzt losschreiben würde, dann müssten Sie sich z.B. in ein Kapitel aus dem pädagogischen Schweizermesser einlesen. Das „Messer“ ist für Fortbildungen gedacht, aber es kann auch der „Blogvertiefung“ dienen. Schule ist solch ein komplexes Gebilde, dass es schon Sinn macht, Schule zu verstehen. Zu verstehen, was sie mit uns Menschen macht. Um seinen Kindern vielleicht später so manchen Erwachsenen-Alptraum zu ersparen.

Ich erzähle Ihnen zum Schluss noch eine wundervolle kleine Begebenheit am Rande meines Schulalltags in diese Woche. Die in Wirklichkeit eine richtig große Begebenheit war. Ausgangssituation: Naturphänomene-Unterricht Klasse 6. Vier Mädchen sind im Ausnahmezustand. Zwei weinen, eine sehr. Wasserfallartig. Ohne Pause. Im Gang. Zwei trösten. „Dürfen wir draußen bleiben? Der …….., nennen wir sie einfach mal Anna unf Paula geht es so schlecht…..“ – „Klar, wenn ihr Hilfe braucht ….. meldet euch. Traut ihr euch das zu? “ Während mein Unterricht abläuft und ich immer wieder nach draußen schaue, sitzen zwei verzweifelte Mädchen mit jeweils einem “Lebenscoach” im Gang. Noch in großer Entfernung. Dann in einem benachbarten Klassenzimmer mit größerer Nähe. Der Tränenstrom will einfach kein Ende nehmen. Wenn zwei, die sich eigentlich mögen, einmal richtig aneinandergeraten, dann sind die Verletzungen oft niederschmetternd. Tränen über die Schulstunde hinaus. Erst in der zweiten Stunde die ersten Lichtblicke. Gegen Ende der zweiten Stunden, Tränen und Lachen. Nur noch ein „Beziehungscoach“ im Spiel. Am Ende der zweiten Stunde: Zwei Freundinnen, die sich strahlend in den Armen liegen. Die Tränen sind nun eher Freudentränen. Glückliche Gesichter. Zwei Freundinnen, die sich jetzt viel für die Zukunft vornehmen. Die an diesem Vormittag ungeheuer viel gelernt haben. Ein „Lebenscoach“, der großartige Vermittlungsarbeit geleistet hat. Ein alter Schulmeister, der diese Szenen als „mein schönsten Erlebnis des Tages“ mit nach Hause nimmt. Wenn sich Schüler selbst in schwierigen Situationen organisieren, ist das großartig. Sorry. Schülerinnen. Schule ist echtes Leben. Wunderbar. Leider könnte ich mir eine ähnliche Szene bei jungen Männern sehr schlecht ohne professionellen Streitschlichter vorstellen. Womit ich mal wieder beim Thema wäre. Aber jetzt höre ich einfach auf.
p.s. Habe heute einen Link geschickt bekommen. Von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK). Zum Thema Lernhilfen im Internet. Ich glaube, der könnte Sie interessieren.

Sehr geehrter Herr Bayer,
der neue Online-Ratgeber des Internet-ABC zeigt Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren, wie sie im Internet für die Schule, für Hausaufgaben und Nachhilfeübungen sinnvoll nach Informationen suchen können.
Die wirklich tauglichen Seiten sind im World Wide Web nicht immer leicht zu finden. Mit “Percys Recherche-Ratgeber” auf www.internet-abc.de erhalten Schüler einen kompakten Überblick, um gezielt und effektiv Nachforschungen anzustellen.
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